Der Apfelbaum und eine Gedenktafel für Mordechai Ciechanower wurden am Dienstag im Beisein seiner Verwandten aus Israel aufgestellt. Sie sollen beim ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Tailfingen (Zollernalbkreis) an die Gräueltaten der NS-Zeit erinnern und die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten lassen.
Die KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen nahe Herrenberg (Kreis Böblingen) hat sich zur Aufgabe gemacht, den Häftlingen des ehemaligen Außenlagers wieder ein Gesicht zu geben. "Jeder Mensch hat einen Namen", heißt es auf der Seite des Vereins. Einer der insgesamt 601 Häftlinge aus 16 Ländern in Tailfingen war Mordechai Ciechanower.
KZ-Überlebender von Tailfingen fast 100 Jahre alt
Ciechanower selbst war die Reise am Tag des Holocaust-Gedenkens wegen seines hohen Alters nach Tailfingen zu weit. Er richtete sich aber in einem persönlichen Grußwort virtuell an die Anwesenden. Dabei schloss er auch nicht aus, zu seinem 100. Geburtstag doch noch einmal nach Deutschland zum Anstoßen zu kommen.
Sein Humor und seine Gabe, auch der schlimmsten Zeit seines Lebens noch etwas Positives abzugewinnen, gaben und geben ihm stets Kraft, meint Johannes Kuhn, Mitinitiator der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen. Seit 2005 beschäftigt er sich intensiv mit der NS-Vergangenheit dieser Orte.
Apfelbaum als eine Art Lebenselixier
So erinnert sich Gedenkstätten-Initiator Kuhn, dass der gebürtige Pole Ciechanower der erste Überlebende war, mit dem er bei seinen Recherchen über das ehemalige KZ in Tailfingen/Hailfingen Kontakt aufgenommen hat. Der Apfelbaum habe in all seinen Geschichten immer wieder eine zentrale Rolle gespielt.
Die Soldaten der Wehrmacht seien "nicht so grausam" wie die SS-Leute gewesen. "Wenn wir auf dem Weg zur Arbeit waren, haben die Posten uns manchmal erlaubt, Äpfel zu essen. Das war die gute Seite von Hailfingen", sagte Ciechanower.
Seine Großnichte Maya Dekel erzählte dem SWR, dass sie immer, wenn sie ihren Großonkel besuchte, Apfelschnitze von ihm bekam. Der Apfelbaum sei schon in der Bibel ein symbolträchtiger Baum, sagte seine Tochter, Rachel Kaiser. Für ihren Vater seien die Äpfel eine Art Lebenselixier gewesen, auch wenn er vor Strafe nicht immer sicher war.
Mordechai Ciechanower war in fünf Konzentrationslagern
Ciechanower habe ihm erzählt, dass er sogar faule und schimmlige Äpfel gegessen habe. Rachel Kaiser sagte, dass ihr Vater ständig Hunger gelitten habe. Gerade mal 31 Kilogramm habe er gewogen, als er als Zwangsarbeiter nach Tailfingen/Hailfingen deportiert wurde und Bomben entschärfen musste.
Es war das dritte KZ von insgesamt fünf, in das Ciechanower verschleppt wurde. 1945 wurde er aus dem KZ Bergen-Belsen befreit. Mittlerweile gehe es ihm aber gut, er sei in guter Verfassung, so die Tochter. Die Geschichte aber soll wach bleiben - das Geschehene nicht in Vergessenheit geraten.