Die Glocke der katholischen Kirche im Tübinger Teilort Lustnau ist am Dienstagmorgen vom Turm heruntergeholt worden, damit sie nach Třebom (deutsch: Thröm) in Tschechien transportiert werden kann. Denn es handelt sich bei ihr um eine sogenannte Raubglocke aus der NS-Zeit. Eine Spezialfirma hob mit fünf Mann die Glocke mit Hilfe eines Krans aus dem Turm.
Glocke aus Tschechien nicht eingeschmolzen
Erst vor wenigen Jahren erfuhr die St. Petrus Gemeinde, dass ihre Glocke von den Nationalsozialisten in Tschechien gestohlen wurde. Eigentlich sollten während des Zweiten Weltkrieges alle beschlagnahmten Glocken eingeschmolzen werden, um daraus Waffen zu bauen. Aber die Kirchturmglocke, die nun über 65 Jahre in Lustnau läutete, blieb verschont, sagte Projektleiter Johannes Längle.
Dass sie nun nach Tschechien gebracht wird, geht auf eine Initiative der Diözese Rottenburg-Stuttgart zurück. Insgesamt sollen über 50 Glocken aus Kirchtürmen in Württemberg als "Friedensglocken für Europa" zurückgegeben werden, so ist es von der Diözese und den jeweiligen Kirchengemeinden vorgesehen.
Neue Kirchenglocken ab Weihnachten
Im kommenden Jahr wird die 700 Kilo schwere Kirchenglocke nach Třebom in Tschechien gebracht. Damit kommt sie zurück in ihre Heimat, also an ihren ursprünglichen Einsatzort. Der Kirchturm von St. Petrus in Tübingen-Lustnau bleibt derweil für ein paar Tage still. Ab Weihnachten sollen hier dann drei neue Glocken läuten. Sie wurden im Oktober feierlich geweiht. Insgesamt kostet die Überführung der alten Glocke und das Gießen der drei neuen Glocken rund 100.000 Euro. Finanziert wurden die Kosten über Spenden und die Diözese Rottenburg-Stuttgart.