Dass er nicht alles versucht hätte, kann sich Michael Laschinger (CDU) nicht vorwerfen lassen: Das Schild mit dem Slogan "Wir sind dabei!" steckt seit Wochen im Vorgarten des Ortschaftsrates von Bildechingen, einem Stadtteil von Horb am Neckar (Landkreis Freudenstadt). Der Gartenstecker kommt von der Deutschen Glasfaser (DG), dem zweitgrößten Anbieter für Breitbandinternet hierzulande.
Das Unternehmen möchte in neun Horber Stadtteilen Glasfaser verlegen und damit vielen Haushalten schnelleres Internet ermöglichen. Michael Laschinger möchte das auch und rührt deshalb seit Ende des vergangenen Jahres die Werbetrommel. "Viele Menschen im ländlichen Raum wären froh, wenn sie einen Glasfaseranschluss bekämen", sagt er. Neben der DG ist in Horb ein weiterer Anbieter für Glasfaser aktiv. In den sieben anderen Stadtteilen hat in den vergangenen Monaten die Firma HORBnet/brain4kom das Interesse der Anwohner nach Breitbandinternet ausgelotet.
Private Unternehmen fokussieren sich auf die Städte
Wenn es um schnelles Internet geht, hinkt Deutschland hinterher. Die Bundesregierung hat deshalb das Ziel ausgerufen, dass bis 2030 alle Menschen einen Glasfaseranschluss nutzen können sollen. Im Vergleich zu herkömmlichen Kupferleitungen bieten die langen dünnen Fasern aus Glas mehrere Vorteile. Mit Datenübertragungsraten von bis zu 1 Gbit/s ermöglicht Glasfaser stabiles und sehr viel schnelleres Internet als Kupfer. Letzteres hat eine begrenzte Bandbreite und ist störanfälliger als Glasfaser. Soweit die Theorie.
In der Praxis ist schnelles Internet allerdings insbesondere im ländlichen Raum häufig (noch) Fehlanzeige. Denn die privaten Telekommunikationsunternehmen fokussieren sich auf die dicht bebauten Städte, in denen sie mit wenig Aufwand viele Kunden ans Netz angeschlossen bekommen. Auf dem Land ist der (Kosten-)Aufwand hingegen sehr viel höher. Bei gleichzeitig weniger potenziellen Kunden fehlen Telekom und Co. die Anreize, Glasfaser zu verlegen.
Aufwendige Verfahren für Fördermittel
Für viele Kommunen sind Fördermittel daher unabdingbar, um selbst aktiv werden zu können. Allerdings sorgen langwierige Förder- und Genehmigungsverfahren dafür, dass der Glasfaserausbau auf dem Land mehr schlecht als recht vorangeht. "Um in einer Straße Glasfaser zu verlegen, benötigen wir fünf bis acht Genehmigungen", teilt die Pressestelle der Telekom auf SWR-Anfrage mit.
Die Telekom will im Laufe des Jahres rund zehn Millionen Haushalten einen Glasfaseranschluss direkt ins Haus ermöglichen. Ähnlich hoch gesteckte Ziele verfolgt auch die Deutsche Glasfaser, die sich auf den ländlichen Raum spezialisiert hat.
Nur teilweise Interesse an Glasfaser in Horb
"Die Nachfrage im ländlichen Raum ist sehr hoch", sagt ein Sprecher der Deutschen Glasfaser, die in Baden-Württemberg momentan in 50 Kommunen Glasfaser verlegt. In 14 interessierten Gemeinden führt das Unternehmen zudem eine Nachfragebündelung durch: Dabei muss ein Drittel der kommunalen Haushalte einen Vertrag unterschreiben und garantieren, einen Glasfaseranschluss haben zu wollen. Erst wenn die DG mit dieser Quote sichergestellt hat, dass sich der Aufwand lohnt, werden Gehwege aufgebaggert.
Bis zum 10. Februar fragt die DG in neun Stadtteilen nach, wie groß das Interesse am Glasfaserausbau ist. Allerdings haben trotz Infoveranstaltungen bislang nur 20 Prozent der Haushalte den Vorvertrag unterschrieben. Stand jetzt wird die Deutsche Glasfaser in Horb also keine Leitung verlegen. Vielen älteren Leuten im Ort sei die Thematik womöglich zu kompliziert, vermutet Laschinger. Manche Horber seien aber auch schlicht zufrieden mit ihrem Kabelanschluss und sähen keinen Grund zur Änderung.
Wettbewerb führt zu "nicht nachhaltigen" Doppelstrukturen
Den sehen auch in Schömberg (Zollernalbkreis) im Stadtteil Schörzingen die wenigsten. Ursprünglich hatten Telekom, DG und Co. dort kein Interesse, Glasfaser zu verlegen. Als der Landkreis entschied, selbst ein Backbone-Glasfaser-Netz (das Kernnetz, von dem die lokalen Netze abzweigen) zu errichten, maximierten die privaten Betreiber auf einmal doch die Bandbreite der bestehenden Leitungen. Das Resultat: Die bestehenden Netze sind nun im Prinzip für alle privaten Anwendungen ausreichend. Ein Anschluss ans kommunale Glasfasernetz erscheine den Menschen deshalb nicht mehr lohnenswert, sagt Schömbergs Bürgermeister Karl-Josef Sprenger (CDU).
Dass nun "teure Doppelstrukturen" von privaten Anbietern und dem Landkreis parallel existieren, findet Sprenger alles andere als glücklich. Von dem Phänomen der Internet-Doppelstrukturen kann auch die Deutsche Glasfaser ein Lied singen, wie ein Pressesprecher mitteilt.
Die DG beklagt einen "Verdrängungswettbewerb" der Telekom, um die Konkurrenz kleinzuhalten. Aber auch aus Nachhaltigkeitsgründen sei "dieser Doppelausbau nicht nachvollziehbar".
In Neustetten läuft Ausbau reibungslos
Auch wenn es oftmals noch hakt und ruckelt beim schnellen Internet auf dem Land: Es gibt sie, die Positivbeispiele. In Neustetten (Landkreis Tübingen) läuft die Sache mit dem Breitbandinternet geradezu einwandfrei. Im Ort bestand bereits seit längerem die Vorinfrastruktur für den Glasfaserausbau. Lediglich die letzte Komponente von den Verteilerkästen bis in die einzelnen Haushalte bestand aus Kupferkabeln. Inzwischen hat die DG in diesen letzten Komponenten Glasfaser verlegt, spätestens im Sommer soll die Versorgung starten.
Wann und ob die Versorgung auch in den neun Horber Stadtteilen startet, in denen die DG gerne aktiv werden würde, ist ungewiss. Michael Laschinger zumindest hat den Vorvertrag der DG längst unterschrieben - doch seine Hoffnung darauf, dass jetzt noch genügend Haushalte seinem Beispiel folgen, schwindet.
In Teilen von Horb gibt's künftig doch Glasfaser-Internet
Hinzu dürfte sich bei Ortschaftsrat Michael Laschinger die Erkenntnis gesellen, dass in Teilen von Horb künftig doch Glasfaser verlegt wird. In den sieben Stadtteilen, in denen die Firma HORBnet/brain4kom geworben hat, haben sich mehr als die Hälfte der Haushalte für einen Anschluss entschieden, die erforderliche Mindestquote betrug 35 Prozent.
In Talheim, Mühlen, Dettlingen, Dießen, Betra, Isenburg und Mühringen wird in den kommenden Jahren ein flächendeckendes Glasfasernetz entstehen. Um den Ausbau auch in den übrigen Stadtteilen voranzutreiben, müsste sich die Stadt Horb wieder auf öffentliche Fördermittel bewerben.