Das Bienenvolk lebt in einem hohlen Baumstamm zwischen Drechslerwerkstatt und Schmiede. Zahlreiche Bienen schwirren um den Stamm herum. Immer wieder kriecht eine in das kleine Loch unten am Baumstamm. Campus Galli-Mitarbeiter Hans ist eigentlich Drechsler auf der Klosterbaustelle. An diesem Morgen schlägt er aber dicke Holzpfosten rund um den Bienenstock in den Boden - als Vorsichtsmaßnahme.
Schutz für Bienen und Besucher
Immer wieder kam es vor, dass eifrige Besucher zu nahe an der Bienenbehausung standen. Das kann gefährlich werden, wenn sie direkt in der Einflugschneise der Bienen stehen. Da versteht das Wildtier keinen Spaß und kann stechen. Viele Besucher kommen aus der Stadt und sind den Umgang mit Bienen nicht gewohnt, erklärt Campus Galli-Geschäftsführer Hannes Napierala. Dass man ins Einflugloch nicht den Finger reinstecken sollte, das wissen nicht alle. Und tatsächlich: Bereits nach kurzer Zeit steht wieder ein Besucher genau vor der Einflugschneise der Bienen.
Freundliche Bienen leben auf dem Campus Galli
Zum Glück leben auf dem Campus Galli nur freundliche Bienen, meint Napierala schmunzelnd. Im frühen Mittelalter hätten die Wildbienen anders auf neugierige Besucher reagiert. Die schwarze Biene, die damals lebte, bildete kleinere Völker und war wesentlich aggressiver als die heute gängige Honigbiene, die Carnica Biene.
Imkern im Mittelalter
Viel weiß man nicht über die Imkerei im frühen Mittelalter. Sicher aber ist ihre enorme Bedeutung. Man geht davon aus, dass es damals mehr Völker gab als heute. Teils mussten Honig und auch Wachs etwa an Klöster abgegeben werden. Honig war das einzige Süßungsmittel, das man damals kannte. Wichtiger war jedoch das wertvolle Wachs. Aus ihm wurden Kerzen und auch Gussformen für den Bronzeguss gemacht.
Mittelalterlicher Bienensegen soll Tiere bezirzen
Wie wertvoll ein Bienenvolk war, zeigt der "Lorscher Bienensegen". Er gehört zu den ältesten deutschen Dichtungen und stammt aus dem Kloster Lorsch. Der Bienensegen wurde im zehnten Jahrhundert am unteren Rand einer Schrift entdeckt. Er liest sich heute fast wie ein Zauberspruch. Darin wird Gott um Hilfe gebeten, dass die Tiere nicht ausschwärmen und zum Stock zurückkehren sollen.
Honigernte im Wald
Anders als heute kümmerten sich im frühen Mittelalter sogenannte Zeidler um Bienen und die Honigernte. Die Zeidler waren Waldimker. Sie holten den Honig und das Wachs im Wald aus hohlen Baumstämmen. Die Zeidler genossen ein hohes Ansehen und waren zu einer eigenen Zunft zusammengeschlossen. Ihr Beruf galt als gefährlich.
Jungbienen wollen Bauen
Heute kümmert sich Imker Peter Frech um das Bienenvolk auf dem Campus Galli. Vorsichtig nimmt er ein schmales Holzstück, das an der Seite des Baumstammes angebracht ist, aus dem Stamm. Im Inneren wuselt, brummt und summt es. Zig tausend Bienen schwirren und krabbeln um und auf den Waben, die von der Decke hängen. Gerade die Jungbienen, meint Imker Frech, wollen was schaffen.
Wenig bis kein Honig
Anders als bei seinen anderen Völkern, die er rund um Meßkirch hat, erntet der 71-Jährige auf dem Campus-Gelände wenig bis keinen Honig. Wie im Mittelalter schaut er im Frühling, was an Honig noch übrig ist und was die Bienen über den Winter nicht als Nahrung verbraucht haben.
Marder hat zugeschlagen
Bis vor kurzem gab es auf dem Gelände noch zwei Bienenvölker. Sie lebten in den sogenannten Rutenstülpern. Die stehen in einem Unterstand neben dem hohlen Baumstamm. "Das eine Bienenvolk hat aber leider der Marder ausgeräumt", sagt Frech. Der Rutenstülper, ein zylinderförmiger, aus Weiden geflochtener Korb, war die gängige Behausung für Bienen in der Gegend rund um Meßkirch. Um die Tiere vor Witterung und Feinden zu schützen, wurde das Weidengeflecht mit Lehm und Kuhmist beschmiert. Diese Schicht hat der Marder auf seinem Raubzug abgekratzt. Deshalb muss der Korb ausgebessert werden. Dann will Frech wieder versuchen, ein Bienenvolk darin anzusiedeln.