Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kann sich eine Rückkehr des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer zu den Grünen unter bestimmten Bedingungen vorstellen. Er würde sich wünschen, dass es einen Weg zurück gebe, so der Grünen-Politiker am Samstag bei einer Veranstaltung der "Zeit"-Verlagsgruppe in Hamburg. "Menschen für immer abschreiben, das sollte man ganz selten machen", sagte Özdemir.
Özdemir nennt Facebook-Aktivitäten von Palmer als Voraussetzung für Rückkehr
Als Voraussetzung nannte der 58-Jährige zugleich: "Natürlich würde ich mich freuen, wenn er sagt: 'Ich lasse mir helfen, ich höre jetzt auf mit dem Blödsinn, dass ich nachts um zwölf Uhr bei Facebook mir Schlachten liefere mit irgendwelchen Leuten und konzentriere mich auf meinen Job.' Er ist ein hervorragender Oberbürgermeister, das soll er machen und das andere weglassen. Dann hätte er natürlich seinen Platz. Und ich wäre glücklich, wenn es so wäre."
Palmer ist seit 2007 Oberbürgermeister in Tübingen und eckt immer wieder mit politischen Aussagen an. Vor rund einem Jahr war Palmer bei den Grünen ausgetreten nach einem Eklat um die Verwendung des N-Wortes bei einer Migrationskonferenz in Frankfurt. Schon vorher hatte seine Mitgliedschaft wegen anderer umstrittener Äußerungen geruht. Nach einer Auszeit änderte er unter anderem die Regeln für Kommentare auf seinem Facebook-Profil.
Nach dem Eklat bei einer Migrationskonferenz war der Tübinger Oberbürgermeister vor gut einem Jahr bei den Grünen ausgetreten. So hatte der SWR damals in einem SWR Extra über die Vorfälle berichtet:
Palmer kann sich Rückkehr vorstellen - Landeschefs äußern Skepsis
Palmer reagierte am Sonntag auf die Aussagen und betonte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: "Ich schätze Cem Özdemir sehr und freue mich über seine versöhnlichen Worte." Eine Rückkehr zu den Grünen könnte er sich vorstellen. "Eine Entwicklung, an deren Ende ich wieder respektiertes Mitglied der Grünen sein könnte, wäre für beide Seiten gut", sagte der parteilose Politiker weiter.
Die Landeschefs der baden-württembergischen Grünen zeigten sich dagegen skeptisch über eine mögliche Rückkehr Palmers zu seiner ehemaligen Partei. Palmer habe jegliche Brücken, die man versucht habe zu bauen, selbst eingerissen, teilten Lena Schwelling und Pascal Haggenmüller am Montag mit. "Neue, stabile Brücken zu bauen, erscheint uns vor dem Hintergrund der tiefen Gräben eine Mammutaufgabe zu sein, die beiden Seiten sehr viel abverlangen würde und sicher nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen wäre." Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass Palmer entschieden habe, bei den Kommunalwahlen für die Freie Wähler Vereinigung (FWV) im Wahlkreis Tübingen für einen Sitz im Tübinger Kreistag zu kandidieren.
Özdemir lobt Palmer für dessen "blitzsaubere Bilanz" als OB
Özdemir sagte bei der Veranstaltung am Samstag, er selbst habe mit am meisten gerungen, Palmer zu halten, und ihm Brücken gebaut. "Diese Brücken, die hat schon erstmal er eingerissen, leider." Der Grünen-Politiker bescheinigte Palmer eine "blitzsaubere Bilanz als Oberbürgermeister".
Özdemir gilt bei den Grünen in Baden-Württemberg als derzeit aussichtsreichster Anwärter auf die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2026. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (auch Grüne) wird dann nicht mehr antreten.