Das Rudel vom Schluchsee (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) hat wieder zugeschlagen. Zwei Rinder, die im November bei Bernau gerissen wurden, gehen auf das Konto des Rudels. Welches der Tiere aus dem Familienverband die beiden elf und zwölf Monate alten Rinder gerissen hat, ist unklar. Deshalb ist laut Umweltministerium Baden-Württemberg nun das gesamte Rudel "angezählt".
Noch ist unklar, welche Tiere an den jüngsten Rissen beteiligt war
Aufgrund der genommen Genproben konnten nur zwei Wolflinien bzw. Populationen festgestellt werden (sogenannte Haplotypen). So gibt es in Europa zum Beispiel eine mitteleuropäischen Flachlandpopulation oder auch eine Alpenpopulation. Aber es konnte eben nicht ein bestimmtes Tier ermittelt werden.
Rein theoretisch könnten also auch andere Wölfe für die Risse der beiden Rinder in Bernau verantwortlich sein. Da aber keine anderen Wölfe in der Region bekannt sind, wurden die Risse zunächst dem Rudel zugeschrieben. Weil die Fähe und das Jungtier denselben genetischen Haplotypen besitzen, könnte auch nur eines der beiden Tiere beteiligt gewesen sein. Das Jungtier muss also nicht zwangsläufig dabei gewesen sein.
Schluchsee-Rudel dringend tatverdächtig
"Das Rudel wurde angezählt, weil sich die Risse in seinem Revier ereignet haben und eben beide Haplotypen nachgewiesen wurden", erklärte das Umweltministerium in einer schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage des SWR. Aufgrund der ungenauen Datenlage ist es diesmal aber eben schwierig zu klären, welches Tier für den Tod der Rinder verantwortlich ist.
Erst im Frühjahr hat Baden-Württemberg ein neues Wolfsmanagement eingeführt. Grundlage dafür ist das Bundesnaturschutzgesetz. Das regelt grundsätzlich, dass Wölfe zum Abschuss freigegeben werden können, wenn sie trotz Herdenschutz in zeitlicher und räumlicher Nähe wiederholt Nutztiere reißen. Laut Umweltministerium muss relativ sicher auf weitere Risse in der Zukunft geschlossen werden können. Es gibt aber keinen pauschalen Maßstab dafür. Jeder Fall wird einzeln bewertet.
Abschuss nach dem nächsten Riss?
Gut unterrichtete Quellen gehen davon aus, dass ein Abschuss des Schluchsee-Rudels beziehungsweise einzelner Tiere des Rudels gefordert werden könnte, wenn innerhalb der nächsten acht Wochen wieder ein Riss von Nutztieren in der Region rund um den Schluchsee geschieht - und Tiere des Rudels daran beteiligt sind.
Auch das Ministerium schreibt zu einem möglichen Abschuss von Tieren des Schluchsee-Rudels, dass es zunächst zu einem weiteren Riss in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang kommen müsse. Die Wölfe müssten dabei den Herdenschutz überwinden. "Welcher Wolf oder welche Wölfe dann angezählt werden, hängt vom jeweiligen Ergebnis der genetischen Untersuchungen ab und kann vorab nicht beurteilt werden", heißt es in der Stellungnahme des Umweltministeriums.
Kritiker fürchten erneute Ausrottung
Kritiker meinen, dass das aktuelle Wolfsmanagement in Baden-Württemberg erneut zur Ausrottung des Wolfes führen könnte, da es nur sehr wenige Wölfe gibt. Der Bestand sei also bei weitem nicht gesichert, so wie es in der Berner Konvention und in der FFH-Richtlinie verlangt wird. Laut dem Juristen und Experten für Naturschutzrecht Jochen Schumacher in Tübingen könnte deshalb gegen erteilte Abschusserlaubnisse in Baden-Württemberg rechtlich vorgegangen werden.
In dem Fall müsse aber auch ein ausreichender Herdenschutz gewährleistet sein, sagte Schumacher dem SWR. Gegen eine etwaige Abschusserlaubnis könne mit verwaltungsrechtlichen Mitteln vorgegangen werden.