Am Rande des Landesbauerntags in Owingen (Bodenseekreis) am Wochenende hat sich Landwirtschaftsminister Peter Hauk auch zum Thema "Wolf" geäußert. Der CDU-Politiker sieht die Wiederansiedelung des Raubtieres kritisch und befürwortet das neue Wolfs-Management des Umweltministeriums. Dieses besagt, dass Wölfe, wenn sie trotz Wolfsschutz in zeitlicher und räumlicher Nähe wiederholt Nutztiere reißen, zum Abschuss frei gegeben werden können. Diese Regelung führe nicht zur erneuten Ausrottung der streng geschützten Raubtiere, so Hauk. Vielmehr würden sich Wölfe daran gewöhnen, dass sie auf Viehweiden nichts zu suchen hätten.
Nach mehreren Rinderrissen im Schwarzwald hat das Umweltministerium nun auch ausgewachsene Kühe in den Wolfsschutz mit aufgenommen. Betriebe mit Rinderhaltung bekommen für ihren Herdenschutz künftig eine verlässliche Unterstützung - durch Beratung, aber auch finanziell. Ob das reicht, bleibt abzuwarten. Die Landwirte jedenfalls sind höchst besorgt.
Auch Thomas Riesterer vom Schindelmatthof in Münstertal (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) treibt das Thema um. Zwar war er bei dem Bauerntreffen nicht dabei. "Ich wollte wenigstens ein paar Prozent meiner knappen Zeit mit meiner Familie verbringen", so der Rinderhalter. Dennoch war er gespannt, was Landwirtschaftsminister Peter Hauk zum neuen Managementplans "Wolf" des Umweltministeriums zu sagen hatte.
Neues Wolfsmanagement vorgestellt
Riesterer hat rund 100 Bio-Weiderinder in Stohren auf dem Schauinsland bei Freiburg. Wie viele andere Landwirte war auch Thomas Riesterer am vergangenen Mittwoch auf der Veranstaltung des Bauernverbandes BLHV in St. Märgen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Dort haben Vertreter des Umweltministeriums und der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) den neuen Managementplan erläutert. Interessant und vielschichtig, aber auch sehr emotional sei die Veranstaltung gewesen, sagt er ein paar Tage später mit ein wenig Abstand.
Neu: Wolfsschutz auch für Rinder
"Die Landwirte hängen halt an ihren Tieren", sagt BLHV-Präsident Bernhard Bolkart gegenüber dem SWR. "Da wird es schnell hitzig." Was Bolkart und Riesterer vereint, ist, dass sie wissen, dass sie beim Wolfsmanagement - und also auch beim aufwendigen Zaunbau - mitmachen müssen. Denn ein so genannter schadstiftender Wolf kann nur geschossen werden, wenn er zweimal wolfsabweisende Maßnahmen überwindet. Ohne dies wird es nie eine rechtliche Grundlage für eine "letale Entnahme" geben, wie der Abschuss im Behördendeutsch heißt. Dies gilt nun auch für ausgewachsene Rinder. Das war vorher nicht so. Den Schutz gab es bislang lediglich für Kälber, Schafe und Ziegen, da es nur selten vorgekommen war, dass Wölfe Rinder angegriffen hatten.
"Schluchseewolf" könnte getötet werden
Der sogenannte Schluchseewolf hat schon mehrere ausgewachsene Rinder angegriffen. Mit der neuen Regelung sei im Wiederholungsfall nun die rechtliche Grundlage für den Abschuss geschaffen worden, so ein Insider gegenüber dem SWR. Dass der Wolf auf seinem Raubzug wolfsabweisende Maßnahmen überwindet, könne schnell der Fall sein. Denn mit dem neuen Management sind auch die Anforderungen an die Zäune gesunken. War es bisher ein Zaun mit sechs Litzen oder Drahtseilen, durch die Strom fließt, sind es bei den ausgewachsenen Rindern nur noch drei.
Visuelle Abschreckung und schmerzhafte Erfahrung
Diese sogenannten Turbo-Fladryzäune sind mit bunten Bändern versehen, die eine abschreckende Wirkung auf den Wolf haben sollen. Ist er doch zu neugierig und nähert sich, bekommt er zusätzlich einen Stromschlag. Er verbindet also die visuelle Abschreckung mit einer schmerzhaften Erfahrung.
Zweifel am Wolfsmanagement bleiben
Was den BLHV-Präsidenten Bernhard Bolkart und Landwirt Thomas Riesterer vereint, sind ihre fortwährenden Zweifel. Beide können sich nur schwer vorstellen, dass Wolf und Weidetierhaltung Hand in Hand gehen. Zumindest nicht in einer Kulturlandschaft, wie hier im Schwarzwald mit Steillagen, Wanderwegen und kleinen bäuerlichen Betrieben, die eh schon am Rande der Kapazität arbeiten - 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Und nun müsse man auch noch Zäune an verschiedenen Orten setzen, weil die eine Weide abgegrast ist und die Tiere zur nächsten ziehen müssen.
Vierjähriges Pilotprojekt
Für Thomas Riesterer sind noch viele Fragen offen. Zum Beispiel, ob die Rinder nun eher in geschlossenen Verbänden auf der Weide sein sollen mit wehrhaften Alttieren in der Herde. Das könnte allerdings der Bioland-Diversitätsrichtlinie widersprechen, so Riesterer. Danach müssen die Tiere nämlich genügend Platz auf der Weide haben. Bei kleineren Parzellen – um eben eine kompakte Herdenführung als Schutz gegen den Wolf zu haben – könnte das eventuell nicht mehr gewährleistet sein. Trotzdem – oder gerade deswegen – hat er sich für das vierjährige Pilotprojekt beworben. "Wir wollen uns nicht verschließen", sagt Riesterer.
Sind wolfsfreie Zonen die Lösung?
Thomas Riesterer will den Stresstest machen. Er sagt aber, wenn das neue Management wieder nichts bringen werde, müsse man das auch zugeben können und nicht wieder irgendwelche Verbesserungen anpreisen. Dann müsse etwas ganz anderes her.
Die wolfsfreien Zonen zum Beispiel. Das sind Zonen, in denen jeder Wolf, der sich dort niederlässt, abgeschossen wird. Egal, ob er was angestellt hat oder nicht. Doch das sei momentan nicht mehrheitsfähig in Deutschland, auch, weil dafür EU- und Bundesrecht geändert werden müsste, unterstreicht BLHV-Präsident Bernhard Bolkart.