25 Jahre nach Orkan Lothar

Wie Wetterwarnungen seitdem zur Regel wurden

Stand
Autor/in
Ina Held
Marion Eiche
Marion Eiche, SWR Studio Freiburg

Am 26.12.1999 hat Orkan Lothar in Mitteleuropa viele Leben gekostet und großen Schaden angerichtet - auch in Südbaden. Meteorologen erklären, wie sich die Warnsysteme verbessert haben.

Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Kilometern pro Stunde zog der Orkan Lothar am zweiten Weihnachtsfeiertag 1999 von Westen her über Frankreich und die Schweiz nach Deutschland. Die Menschen wurden damals in ihrer besinnlichen Feiertagsstimmung kalt erwischt. Niemand hatte mit so einer Naturkatastrophe gerechnet.

Plötzlich brauste der Sturm los. Man hat so ein richtig tiefes Wummern gehört. Etwas, was ich vorher noch nie gehört habe.

Auch Harry Röhrle, heute als Wetter-Reporter für den SWR in ganz Baden-Württemberg unterwegs, erinnert sich noch an den 26. Dezember 1999. Er war damals bei seinen Eltern auf Weihnachtsbesuch. Die Bilanz des Sturms: Mehr als hundert Menschen verloren ihr Leben. Der volkswirtschaftliche Schaden wurde auf mehr als elf Milliarden Euro geschätzt. Den Wald hat es besonders hart getroffen: Europaweit wurden rund 200 Millionen Festmeter Holz Opfer des Sturms - allein in Baden-Württemberg rund 25 Millionen. Auch die Gebäudeschäden waren immens. So wurden etwa viele Dächer abgedeckt.

Kritik: Meteorologen hatten nicht vor Lothar gewarnt

Nach dem Sturmereignis wurde damals Kritik an den Vorhersagediensten geübt. Warum hatte der Deutsche Wetterdienst nicht vor dem Orkan gewarnt? Auf dessen Homepage heißt es 25 Jahre später: "Am 26.12.1999 erreichte ein sich ebenfalls rasch vertiefender Sturm auf ungewöhnlich südlicher Zugbahn von Frankreich her Süddeutschland." Ein paar Tage zuvor, am 2. Dezember, hatte sich bereits unter dem Namen Anatol ein zunächst unscheinbares Tief über Europa in wenigen Stunden zu einem außergewöhnlichen Orkantief entwickelt.

In Interviews sagten Experten des Deutschen Wetterdienstes damals, die Modelle zur Vorhersage, etwa auch die der Franzosen und Engländer, hätten zwar einen Orkan simuliert, aber eben nicht diese Kleinräumigkeit der Entwicklung aufgezeigt. Erst im Laufe der Nacht habe sich herausgestellt, was da für ein Unwetter auf Deutschland zukomme.

1999 hatten wir keine Smartphones, wir hatten keine Apps, wir hatten keine Warn-Apps.

Seit Orkan Lothar haben sich die Medien verändert, das bestimmt auch den Arbeitsalltag von Karsten Schwanke im ARD Wetterkompetenzzentrum entscheidend. Durch die moderne Computertechnik gibt es viel mehr Daten zum Wetter als früher. Und mit Smartphone-Apps kann die Bevölkerung gewarnt werden.

Karsten Schwanke, Meteorologe im ARD Wetterkompetenzzentrum, hat die Hochs und Tiefs genau im Blick.
Karsten Schwanke, Meteorologe im ARD Wetterkompetenzzentrum, hat die Hochs und Tiefs genau im Blick.

Wetterdienst hat seit Orkan-Ereignis dazugelernt

Die Erkenntnis für die Meteorologen aus dem Sturm Lothar ist das, was 25 Jahre danach in aller Munde ist: Bedingt durch den Treibhauseffekt gibt es eine Klimaveränderung auf der Erde. Mit der globalen Erwärmung nehmen Schadensereignisse wie Stürme, Hagel und Überflutungen zu. Modelle und Warndienste wurden entsprechend überarbeitet und modernisiert. EU-weite Unwetterzentralen arbeiten heute als hochaktuelle Warndienste. Die Experten-Teams können das Wetter nun mit internationalen Modellen sehr viel genauer berechnen als damals. Und in Zukunft wohl auch noch kleinräumiger.

Was bleibt, ist die schwierige Balance für die Wetter-Fachleute. Kommt es Dicke, schützt eine Warnung die Menschen, etwa vor Bäumen, die im Sturm umknicken. Wird aber zu häufig gewarnt und passiert dann doch kein großes Wetterereignis, nimmt die Bevölkerung die Warnungen vielleicht bald nicht mehr ernst.

Mehr zu Wetter und Wald

Baden-Württemberg

Wetterphänomen erklärt Unwetter: Was macht "Superzellen" so gefährlich?

Sogenannte Superzellen sind das "Höchste, was die Natur an Gewitterzellen zustande bringt", sagt ein SWR-Wetterexperte. Wie wirken sie? Welchen Schaden können sie anrichten?

Am Abend SWR4

Mössingen

Auch hohe Bäume entwurzelt Sturmschäden: Wald- und Wiesenbesitzer müssen jetzt aufräumen

In den Wäldern und auf den Wiesen hat das Unwetter vor einer Woche viele Schäden angerichtet, zum Beispiel in Mössingen. Jetzt muss das Sturmholz weg, weil es sonst gefährlich werden könnte.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.