Vergangenen Freitag wurde Papst emeritus Benedikt XVI. beigesetzt und Millionen von Menschen auf der Welt verfolgten seine Beerdigung im Fernsehen. Bis zum Schluss an seiner Seite zu sehen war einer seiner engsten Vertrauten: Kurien-Erzbischof Georg Gänswein. Über die Zukunft des Papstsekretärs aus Riedern am Wald im Südschwarzwald (Landkreis Waldshut) wird derzeit kräftig spekuliert. Möglichkeiten gäbe es einige - aber klar ist noch nichts.
Christof Eichkorn ist katholischer Pfarrer in der Kirche St. Leodegar in Riedern am Wald. Er zündet eine Kerze an und steckt sie vorsichtig in den Kerzenhalter, der vor dem Bild des verstorbenen Papstes steht. Die 440 Seelen Gemeinde Riedern ist fast 1.000 Kilometer von Rom entfernt. Trotzdem fühlen sich die Gläubigen hier dem Vatikan vermutlich etwas näher als andere Kirchengemeinden. Das liegt an Georg Gänswein. Der Privatsekretär des verstorbenen Papstes wurde in Riedern getauft, er feierte dort seine Priesterweihe und kehrt regelmäßig zum Urlaub in sein Heimatdorf zurück.
Aus Heimaturlaub Gänsweins wurde eine Stippvisite
Auch zwischen Weihnachten und Neujahr war Georg Gänswein im Südschwarzwald und wollte Gottesdienste halten, erzählt Gemeindepfarrer Christof Eichkorn: "Aber am ersten Morgen rief er an und teilte mit, er müsse die Gottesdienste absagen. Er habe die Nachricht erhalten, Papst Benedikt gehe es nicht gut und er müsse nach Rom zurückkehren." In Riedern haben sie seither nichts mehr vom dem 66-Jährigen gehört.
Schwieriges Verhältnis zu Franziskus lässt spekulieren
Die Spekulationen über Gänswein gehen nun erst richtig los. Sein Verhältnis zu Papst Franziskus galt bisher als "schwierig". Nach einem umstrittenen Vorwort in einem Buch hatte Papst Franziskus ihn als Privatsekretär beurlaubt. Er solle sich ganz der Betreuung seines Vorgängers widmen können, so der offizielle Wortlaut.
Zurück in den alten Job als Protokoll-Chef des Vatikan?
Diese Aufgabe ist erfüllt. Und nun? Vatikanexperte Ludwig Ring-Eifel meint: "Naheliegend wäre eigentlich, dass er wieder in seinen alten Job zurückkehrt. Er war ja weiterhin der sogenannte Präfekt des Päpstlichen Hauses, zuständig für den Empfang von Staatsgästen, eine Art Protokoll-Chef. Insofern wäre fast jede andere Stellung im Vatikan für ihn eher ein Abstieg."
Bischof in Bayern oder Apostolischer Nuntius denkbar
Für denkbar hält der Auslands-Korrespondent der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom auch die Ernennung Gänsweins zum Bischof in Bayern oder eine Stelle als sogenannter Apostolischer Nuntius: "Es ist sehr gut vorstellbar, dass Gänswein in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls gehen könnte. Das Talent dazu hätte er: Er spricht vier Sprachen fließend, er hatte bereits Umgang mit höchsten Staatsspitzen, vom amerikanischen Präsidenten bis zu gekrönten Häuptern, er kennt sich da aus."
Zurück ins Heimatbistum? Erzbischof Burger äußert sich nicht
Welches Angebot sein Heimatbistum - das Erzbistum Freiburg - für den Georg Gänswein hätte? Dazu wollte sich Erzbischof Stephan Burger nicht äußern. Am Montag war Gänswein zur Privataudienz bei Papst Franziskus geladen. Dass es bei dem Gespräch auch um dessen Zukunft ging, gilt als sicher. Ein Ergebnis wurde nicht veröffentlicht. Fest steht nur: Für einen gemütlichen Ruhestand in seiner Wohnung in Riedern ist der 66-Jährige noch zu jung. Das Rentenalter für Erzbischöfe beginnt bislang in der Regel mit 75 Jahren.
Angekündigtes Buch Gänsweins heizt Spekulationen an
Inzwischen ist auch ein neues Buch des Ex-Papstsekretärs erschienen. "Nicht als die Wahrheit", so der Titel. Es soll um die Zeit Gänsweins als Mitarbeiter Ratzingers und späteren Benedikts XVI. gehen und in Teilen auch um sein schwieriges Verhältnis zu Papst Franziskus. Was das für seine Karriere bedeutet? Auch das Buch heizt die Spekulationen weiter an. Bis man hierzulande mitspekulieren kann, dauert es noch. Denn die deutsche Übersetzung des Buches erscheint voraussichtlich erst im April.