Klärt ein Bürgerentscheid den Streit?

Gundelfingen stimmt über Verlängerung der Straßenbahnlinie aus Freiburg ab

Stand
Autor/in
Viola Maury

In Gundelfingen wird am Sonntag in einem Bürgerentscheid über eine Verlängerung der Straßenbahnlinie aus Freiburg abgestimmt. Im Ort gehen die Meinungen dazu auseinander.

Soll die Straßenbahn aus dem benachbarten Freiburg bis nach Gundelfingen fahren oder nicht? Am Sonntag, den 12. November, können Gundelfingerinnen und Gundelfinger mit ja oder nein entscheiden, ob die Planungen für eine Straßenbahnverlängerung nach Gundelfingen wiederaufgenommen werden. In der 12.000-Einwohner-Gemeinde wird über diese Frage seit Monaten leidenschaftlich gestritten. Genauer gesagt eigentlich darüber, ob die Planungen für eine solche Tram wieder aufgenommen werden sollen. Überall im Ort hängen Pro- und Contra-Plakate, es erinnert ein bisschen an Wahlkampf.

Studierendenschaft ist für Verlängerung der Straßenbahn

Für eine Verlängerung der Straßenbahn spricht sich nun kurz vor dem Bürgerentscheid der Vorstand der Verfassten Studierendenschaft der Universität Freiburg aus. Er verweist darauf, dass in Gundelfingen und Umgebung auch viele Studierende wohnen und zur Uni nach Freiburg pendeln würden: "Nicht nur für sie würde dies eine erhebliche Verbesserung der Verkehrssituation bedeuten. Eine Straßenbahn bedeutet außerdem ein erhebliches Stück mehr Sicherheit".

Wahlkampfstimmung in Gundelfingen

Bei einer Informationsveranstaltung mahnte der Moderator, ausfällige Bemerkungen, Unterstellungen und Zwischenrufe zu unterlassen und stattdessen konstruktiv zu streiten. Die Stimmung in Gundelfingen ist aufgeladen, es wird teilweise mit harten Bandagen gekämpft.   

Infostand zum Bürgerentscheid auf dem Gundelfinger Rathausplatz
Auf dem Rathausplatz in Gundelfingen sind zweimal die Woche Infostände zum Bürgerentscheid aufgebaut

Nachhaltigkeit, Mobilitätswende, ÖPNV-Ausbau – nur wie?

Überlegungen, die Freiburger Straßenbahn bis nach Gundelfingen zu verlängern, gibt es schon seit Jahrzehnten: Bisher ist bei der Ortseinfahrt Gundelfingen Schluss mit der Straßenbahn, danach muss man umsteigen. Ab hier fährt ein Bus, der nicht so eng getaktet ist wie die Straßenbahn.

Erinnert an Wahlkampf: Infostände in Gundelfingen
Erinnert an Wahlkampf: Infostände in Gundelfingen

Befürworter halten den Ausbau für zukunftsorientiert

Max-Peter Ratzel vom Gundelfinger Arbeitskreis für Mobilität hält die momentane Endhaltestelle vor dem Ortseingang für eine öffentliche Fehlplanung. Der Tramanschluss in den Ort würde den öffentlichen Nahverkehr deutlich attraktiver machen, sagen deshalb die Befürworterinnen und Befürworter der Straßenbahnverlängerung. Das Projekt sei für die Gemeinde kostengünstig, außerdem nachhaltig und zukunftsorientiert.

Wir haben eine Straßenbahn vor dem Ort liegen und es ist geradezu töricht und ein Schildbürgerstreich, diese Straßenbahn nicht weiterzuführen.

Gegner fordern flexiblere Alternativen

Einig sind sich Befürworter und Gegner der Straßenbahn, dass eine Verkehrswende her muss. Kritikerinnen und Kritiker von der Gundelfinger Bürgerinitiative "Alternative kommunale Mobilität" argumentieren, es gebe dafür flexiblere Alternativen als starre Straßenbahnschienen: Sie favorisieren vor allem Elektrobusse und ergänzende Angebote wie Car-Sharing, Fahrradverleihsysteme oder auch einen Bürgerbus. Dies ermögliche flexiblere Reaktionen auf unvorhersehbare Bedingungen in der Zukunft, sagt Madlin Huber von der Bürgerinitiative "Alternative kommunale Mobilität".

Eine Stadtbahn hier mit einer Trasse zu bauen, mit Schienen und Oberleitungen. Und in zehn Jahren gibt es vielleicht schon ganz andere Dinge. Wir brauchen das nicht und wollen das nicht.

Finanzierung der Straßenbahn durch Bund und Land gesichert

Es geht um knapp zwei Kilometer Straßenbahn-Schienen, von der Stadtgrenze Freiburg nach Gundelfingen. Zwei Kilometer, die Gundelfingen kaum etwas kosten würden. Bezahlt würden die Tram-Schienen größtenteils von Bund und Land – denn die Verlängerung der Straßenbahn nach Gundelfingen ist als regional bedeutsame Strecke eingestuft und Teil eines schon vor vielen Jahren geplanten Großprojekts. Allerdings müssten bei einer möglichen Wiederaufnahme des Projekts die Planungen neu entworfen werden.

Ein "Geschenk" sehen die Befürworter in der Verlängerung der Freiburger Straßenbahn bis nach Gundelfingen und sprechen von einer "einmaligen Gelegenheit". Die Gegner kritisieren die "unnötige Ausgaben". Sie setzen stattdessen vor allem auf mehr E-Busse in engerer Taktung – deren Finanzierung allerdings völlig unklar ist.

Grundlegende Veränderung für den Ort

Eine Straßenbahn, so die Gemeinde Gundelfingen auf ihrer Webseite, würde "das Gesicht Gundelfingens grundlegend verändern und prägen." Auswirkungen auf das Ortsbild, Perspektiven für den Einzelhandel, Entwicklungen des Autoverkehrs – es gibt viele Aspekte, über die kontrovers diskutiert wird in diesen Tagen in Gundelfingen. Ein weiteres großes Thema, da sind sich beide Lager einig: der Lärm. Sowohl während der Bauzeit, als auch im täglichen Betrieb könnte die Lärmbelastung steigen, fürchtet Madlin Huber.

Eine Befürchtung wäre tatsächlich, dass der Lärm zunimmt. Während der Bauzeit, aber vor allem auch im alltäglichen Betrieb der Stadtbahn.

Max-Peter Ratzel hält den Lärm durch die Straßenbahn allerdings für erträglicher, als den durch Autos verurusachten Lärm.

Die Straßenbahn wird deutlich leiser sein als die Autos. Sie wird aber auch deutlich emissionsfreier sein. Das heißt, der Lärm wird erträglicher, nicht größer.

Bürgerentscheid über Straßenbahn Gundelfingen am Sonntag

Der Bürgerentscheid soll es nun richten: Er ist rechtlich verbindlich, wenn sich eine Mehrheit für "Ja" oder "Nein" entschiedet und diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten darstellt. Befürworter und Kritiker hoffen, dass möglichst viele Menschen ihre Stimme abgeben.

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