Das Urteil im Prozess um eine zerstückelte Leiche zieht sich weiter nach hinten: Das Gericht gab dem Wunsch der Nebenklägerin, einer Schwester des 38-jährigen Opfers, statt, damit sie bei der Urteilsverkündung am Montag anwesend sein kann. Die Schwester, die in Tunesien lebt, sei zu spät über ihre Rechte informiert worden, so die Freiburger Anwältin der Nebenklage Claudia Meng. Derzeit bemühe sich die Nebenklage um ein Visum für die Angehörige. Der Schwester sei es ein Anliegen, dem mutmaßlichen Täter aus Maulburg (Kreis Lörrach) in die Augen zu schauen, betonte Meng.
Fehlende Perspektive des Opfers
In ihrem Schlussvortrag kritisierte die Nebenklage-Anwältin Claudia Meng, wie der Prozess abgelaufen sei. Lediglich die Perspektive des Angeklagten sei im Prozessverlauf thematisiert worden. Zeugenaussagen zum tunesischen Opfer und seinem Leben in Deutschland seien hingegen nur in Aktenform für die Prozessbeteiligten einsehbar gewesen, so Meng. Grund hierfür war unter anderem ein Deal zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Beide Parteien hatten sich auf ein Strafmaß wegen Totschlags zwischen sechs und sieben Jahren geeinigt. Die Prozessdauer wurde daraufhin verkürzt.
Außerdem griff Meng in ihrem Abschlussplädoyer den Angeklagten direkt an. Eine Entschuldigung an die Angehörigen sei bislang ausgeblieben, sagte die Anwältin. Sie bezweifelte, dass der 58-Jährige wirklich tiefe, innere Reue empfinde. Auch stellte sie infrage, ob er sich aus schlechtem Gewissen gestellt hat oder aus der Angst, geschnappt zu werden.
Mann soll Leiche zerteilt und in den Rhein geworfen haben
Der 58 Jahre alte Angeklagte muss sich wegen der Tötung eines 38-Jährigen in einer Unterkunft für Asylsuchende in Rickenbach (Landkreis Waldshut) vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft dem mutmaßlichen Todesschützen - einem Deutschen - Totschlag und unerlaubten Waffenbesitz vor.
Der Beschuldigte hatte vor Gericht ein Geständnis abgelegt und gesagt, dass er auf den Mann geschossen und ihn getötet habe. Er hatte nach eigenen Worten mit seiner Familie die Weihnachtsfeiertage in einem Ferienhaus in Rickenbach verbracht. Der 38 Jahre alte Tunesier habe seine Familie beleidigt. Er habe sich von ihm bedroht gefühlt, so seine Aussage.
Angeklagter: Bei Tat von norwegischem Film inspiriert
Um seine Tat zu vertuschen, habe er die Leiche des Opfers in einen Wald gebracht und Tage später in seinem Schrebergarten mit einer Machete zerteilt, die Teile in Maschendraht gewickelt und an verschiedenen Stellen in den Rhein geworfen. Das habe er in einem norwegischen Film gesehen, sagte er vor Gericht. Der Mann hatte sich vier Monate später der Polizei gestellt.
Viele Fragen bleiben ungeklärt
Auch kurz vor der Urteilsverkündung bleibt das Motiv für die Tat im Dunkeln: Zu Beginn des Prozesses gab der 58-jährige Familienvater an, sich vom Opfer bedroht gefühlt zu haben. Es habe sich um Notwehr gehandelt, so der Angeklagte. Doch das Gericht und die Staatsanwaltschaft bezweifelten das. Später rückte der Angeklagte von der Notwehr-These ab und legte ein umfassendes Geständnis vor Gericht ab. Er sagte, er habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden.
Anzeichen für rechtsradikale Gesinnung
Beim Angeklagten zu Hause wurden eine große Zahl an Waffen und Munition sowie rechtsradikale Schriften aus der NS-Zeit gefunden. Es gebe Anzeichen für eine rechtsradikale Gesinnung, so der Vorsitzende Richter Martin Hauser. Doch Beweise, dass Ausländerhass das Tatmotiv war, gebe es nicht. Weil sich auch keine anderen Mordmerkmale nachweisen lassen, steht derzeit eine Verurteilung wegen Totschlags im Raum.
Richter: Kritik am Verfahren unberechtigt
Die Verhandlung läuft seit Mitte Oktober. Kritik am Verfahren weist der Vorsitzende Richter Martin Hauser zurück. Seit der Verständigung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung seien keine weiteren Beweise eingegangen, weshalb an dem festgesetzten Strafmaß festgehalten wird. Vor allem die Umstände, dass der Angeklagte sich im April den Behörden gestellt hat und er keine Vorstrafen besitzt, würden sich positiv auf die Länge der Haftstrafe auswirken.
Strafmaß liegt zwischen 5 und 15 Jahren
Die Verfahrensbeteiligten haben zwischenzeitlich eine sogenannte Verständigung vereinbart. Das ist möglich, wenn ein Angeklagter ein umfassendes Geständnis ablegt. Im Raum steht eine Verurteilung wegen Totschlags, bei der das Strafmaß zwischen 5 und 15 Jahren liegt. Laut Gericht soll das Strafmaß in den Verfahren nicht über sieben Jahre hinaus gehen.