Klitzeklein – und doch: möglichst naturgetreu. Pinselstrich für Pinselstrich formt Andrea Seemann ein kleines Häschen auf einem ebenso kleinen Taubenei. Haar für Haar mit ruhiger Hand. Kleinste Strukturen mit simpler Wasserfarbe. Bis ihr das Fell unter ihrem Vergrößerungsglas dicht genug erscheint.
Andrea Seemann beugt sich über das Vergrößerungsglas, in der Hand einen haarfeinen Pinsel. Stolz erzählt sie: "Manche Leute stehen davor und sagen, das glaube ich jetzt nicht. Da darf Ihr Pinsel ja nur drei Haare haben. Aber ja", lacht sie: "viel mehr hat er ja auch nicht." Denn es ist das Kleine, Feine, das sie begeistert. Sie hat eben ein Faible für Miniaturen.
Sie liebt Vögel und Rosen - Ihre Motive findet die Gärtnerin in der Natur
Seit mittlerweile mehr als 25 Jahren bemalt Andrea Seemann Eier. Allerdings: immer nur zwischen Weihnachten und Ostern, dann spätestens zieht es die Rosen-Gärtnerin nach draußen in die Natur – wo sie dann aber wieder Ideen für immer neue Motive findet.
Die Anerkennung dafür macht sie stolz. Denn gelernt hat sie das nie - einfach nur gemalt. Mehrere Stunden dauert so ein Ei.
Kunstvoll bemalte Eier sind ihre Leidenschaft
Die 200 schönsten Exemplare hütet Andrea Seemann in ihrer privaten Sammlung. Gut geschützt etwa unter Glasglocken thronen auf dem Esszimmerschrank ihre, wie sie sagt, perfektesten Stücke: mit gelben Rosen, kleine Wachholderdrosseln und frech dreinschauende Schwalben. Im Wohnzimmer ziehen verzierte Eier aller Größen die Blicke auf sich, in einer dicht bestückten Vitrine über mehrere Etagen verteilt. Während auf der Fensterbank eine handgemalte Hummel ein Taubenei schmückt, behutsam in ein echtes Nestchen drapiert.
Manches Ei hat sie schon auf Märkten verkauft, die meisten aber würde sie nie hergeben. Denn ihre Eier sind einfach ihre Sammelleidenschaft, erzählt sie, da will sie die Schönsten und Gelungensten behalten.
Andrea Seemann hat eigenes Federvieh: Zuerst das Huhn, dann das Ei
Wie praktisch für die Hobbykünstlerin: ihr kleiner Bauernhof in Badenweiler-Schweighof bietet ihr direkt frei Haus Eier aller Art in verschiedenen Farben und Größen. Denn die Leidenschaft ihres Mannes wiederum ist das Federvieh.
Verschiedene Hühnerrassen wie Seiden-, Perl- oder Brahmahühner mit ihren typischen Federfüßen, Enten, Gänse, ein Taubenschlag und eine Vogelvoliere mit rotbeäugten Diamanttäubchen, farbenfroh schimmernden Kanarienvögel und anderen Exoten. Und auf die unbefruchteten Eier, die diese eben nicht bebrüten, zaubert Andrea Seemann dann aufwendig ihre: filigrane Eier-Kunst.
Was war zuerst, Huhn oder Ei? Bei Seemanns ist die Antwort ganz einfach: erst das Federvieh, danach hat Andrea Seemann die Eier für ihre Malereien entdeckt.
Vom Reiz winziger Eier
Verschiedene Vögel, überhaupt Tiere und vor allem zarte Rosenmalereien: Das sind die liebsten Motive der Gärtnerin.
Dabei ist der Aufwand enorm. Vom Säubern, vorsichtig Ausblasen, Desinfizieren, Trocknen im Kachelofen bis es schließlich kunstvoll bemalt ist. Eigentlich unbezahlbar. Aber da ist Andrea Seemann Idealistin, die einfach Spaß am Eiermalen hat. Gerade auch, weil es so herausfordernd ist – etwa bei winzigen Wellensittich-Eiern mit ihren dünnen Schalen. Aber das genau ist der Reiz, der Kick, die Motive darauf wirklich so fein und klein hinzukriegen.
Da ist es allein schon eine Kunst, sie vorab mit der kleinen Spezialpumpe auszublasen. Denn kleine Vogel-Eier haben nur eine ganz dünne Schale, wird die Luft zu schnell reingedrückt, explodieren sie förmlich.
Eier haben es Andrea Seemann angetan. "Das Ei ist einfach ein fantastischer Untergrund, weil es auch so verschieden ist. Ein Tauben-Ei und ein Enten-Ei haben so eine glatte Schale", beschreibt sie: "Das ist wie Porzellan-Malerei eigentlich. Während ein Hühner-Ei dann poröser ist oder ein Perlhuhn-Ei oder ein Puten-Ei." Für sie, resümiert sie, die ideale Grundlage.
Klar hat sie auch schon mal anderes probiert, etwa auf Schneckenhäuser oder Steine zu malen. Aber ihr Ding ist und bleibt, sagt Andrea Seemann: das Ei.