(Symbolbild)

Ortenau Klinikum macht dickes Minus

Landrat: "Wir haben keine Wahl, wir müssen das Defizit ausgleichen"

Stand
Autor/in
Christine Veenstra

Der Klinikverbund Ortenau Klinikum hat ein dickes Minus gemacht. Der Ortenaukreis muss das ausgleichen und der Landrat ärgert sich massiv über den Bund.

Kommunalverbände in Baden-Württemberg befürchten angesichts der Gesundheitspolitik des Bundes den finanziellen Kollaps vieler Krankenhäuser. In der Ortenau muss der Kreis beim Ortenau Klinikum ein Defizit von 30 Millionen Euro ausgleichen. Das Klinikum schreibt rote Zahlen. Die Kosten steigen, es kommt aber nicht genügend Geld rein. Dabei ist die Umstrukturierung der Kliniklandschaft im Ortenaukreis schon weiter fortgeschritten als andernorts.

Wir haben keine Wahl, wir müssen das Defizit ausgleichen.

Landrat: "Bevölkerung müsste auf der Straße sein"

"Ich will nicht zum zivilen Ungehorsam aufrufen", sagt der Ortenauer Landrat Frank Scherer. Aber: "Eigentlich, finde ich, müsste die Bevölkerung auf der Straße sein, aufgrund der Gesundheitspolitik, die veranstaltet wird." Es ärgere ihn maßlos, in welche Situation der Bund den Ortenaukreis grade treibe, so Scherer.

Christian Keller, Vorstandsvorsitzender Ortenau Klinikum, und der Ortenauer Landrat Frank Scherer.
Christian Keller, Vorstandsvorsitzender Ortenau Klinikum, und der Ortenauer Landrat Frank Scherer.

Als öffentlicher Träger müsse der Ortenaukreis so viel Geld aufbringen, um seine Kliniken zu stützen, dass er an anderer Stelle seinen Aufgaben nicht mehr gerecht werden könne, sagt der Landrat. Aber man habe keine Wahl: Um den Krankenhausbetrieb aufrecht zu erhalten, müsse man das Defizit aufbringen, so Frank Scherer. Er spricht in diesem Zusammenhang sogar von wirtschaftlicher Erpressung. "Das trifft einen Kreis, der in 16 Jahren fast 68 Millionen Euro Schulden abgebaut hat", so Scherer. Und nicht nur das.

Ortenauer Krankenhäuser werden bereits umstrukturiert

Mit der sogenannten Agenda 2030 hat der Landkreis schon vor Jahren eine Umstrukturierung seiner Krankenhaus-Struktur auf den Weg gebracht. Drei Krankenhäuser, nämlich in Oberkirch, Ettenheim und Gengenbach, sind inzwischen geschlossen worden. In Kehl wird der stationäre Betrieb in den kommenden Jahren eingestellt. Künftig soll es nur noch vier Standort geben: Offenburg, Lahr, Achern und Wolfach.

Erlösausfälle während der Corona-Pandemie

"Ohne die Schließung der Kliniken wäre das Defizit nochmal um 14 Millionen Euro höher ausgefallen", sagt der Ortenau Klinikum-Chef Christian Keller. Lahr, Wolfach, Achern und Offenburg - diese vier Häuser würden aber gebraucht, jeweils mit einer eigenen Notaufnahme.

Eine Ursache für die finanzielle Schieflage sind laut Keller die starken Kostensteigerungen infolge der Inflation. Für die gebe es auf der Einnahmenseite keinen Ausgleich. Im Gegenteil: Während der Corona-Pandemie waren die Patientenzahlen stark zurückgegangen und seitdem liegen sie noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Erlösausfälle seien von Bund- und Land nicht so ausgeglichen worden wie erwartet.

Gibt es bald zu wenige Krankenhäuser?

Beim Ortenau Klinikum werde keine Insolvenz eintreten, so Landrat Frank Scherer. Aber der Kreis werde seine Kreisumlage um mehr als drei Prozent anheben müssen, um den Betrieb seiner Krankenhäuser zu finanzieren. Andernorts rechnet Scherer durchaus mit einem Kliniksterben. Es werde ein ungesteuertes Sterben geben - ein Aussterben nach Geldbeutel.

Ortenau Klinikum-Chef Keller glaubt, dass es in der Folge zu einer massiven Unterversorgung in der deutschlandweiten Kliniklandschaft kommen könnte. Denn laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger sollen deutschlandweit 28 Prozent der Häuser massiv Insolvenz gefährdet sein.

Forderung: Vier Prozent mehr Krankenhausvergütung

Die Kommunalverbände und die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) fordern angesichts der Lücke zwischen gestiegenen Kosten und Erlösen vom Bund die Krankenhausvergütung um mindestens vier Prozent zu erhöhen. Sollte der Bund nicht handeln, müsse das Land noch in diesem Jahr ein Nothilfeprogramm in Höhe von 300 Millionen Euro schnüren, damit die Patientenversorgung gesichert sei.

Angesichts der geplanten Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und den Plänen, spezielle Leistungen auf weniger Häuser zu konzentrieren, will sich das Ortenau Klinikum mit benachbarten Kliniken abstimmen - mit dem Klinikum Mittelbaden und der Uniklinik Freiburg.

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