Hellgrüner Saal mit einem schwarzen Stuhl. Das Logo des Landes Baden-Württemberg im Hintergrund.

Justizgeschichte von 1939-1945

Drei NS-Gerichte während der Hitler-Diktatur in Freiburg

Stand
Autor/in
Paula Zeiler
Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg

Das Amtsgericht Freiburg hat seine Vergangenheit im Nationalsozialismus aufgearbeitet. Das zeigt die Ausstellung NS-Justiz.

Während der Zeit des Nationalsozialismus haben drei Gerichte im heutigen Amtsgericht Freiburg verhandelt. Dazu gehörten der Volksgerichtshof, das Sondergericht und Reichskriegsgericht - eine Art Militärgericht. Die Angeklagten bekamen ihre Strafe in Sitzungssälen, in denen noch heute Urteile gesprochen werden. Hunderte von Menschen wurden in Freiburg verurteilt. Auch zum Tode.

Über die Verurteilten und die NS-Gesetzgebung informiert seit 2020 die Ausstellung "NS-Justiz in Freiburg". Sie ist im Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Unrechts-Justiz erstellt, so die erste Ausstellungstafel. Interessierte können die Ausstellung während der üblichen Öffnungszeiten des Amtsgerichts besuchen.

SWR-Reporterin Paula Zeiler hat die Ausstellung "NS-Justiz in Freiburg" anlässlich des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus besucht.

Ausstellung von Richtern und Historikern erstellt

Initiiert wurde die Ausstellung von Thomas Kummle, bis vor zwei Jahren Präsident des Amtsgerichts Freiburg. Seit seinem Renteneintritt befasst er sich ausführlich mit der NS-Justiz-Geschichte des Hauses. So suchte er in den Archiven in Berlin, Karlsruhe und Freiburg nach Akten aus der NS-Zeit. Die Ausstellung baute er in Zusammenarbeit mit dem Historiker Michael P. Hensle und dem Staatsanwalt Dominik Stahl auf.

"Dass Kollegen das damals gemacht haben, kann man aus unserer Sicht heute nicht mehr nachvollziehen."

Hellgrüner Saal mit einem schwarzen Stuhl. Das Logo des Landes Baden-Württemberg im Hintergrund.
Thomas Kummle war rund 14 Jahre lang Präsident des Amtsgericht Freiburg. Jetzt forscht der Jurist zur NS-Geschichte.

Widerstandsgruppe Réseau Alliance in Freiburg verurteilt

Unter den drei Gerichten war auch das Reichskriegsgericht, eine Art Militärgericht. Es verhandelte von 1943 bis 1944 in Freiburg. So verurteilte es in 27 Hauptverhandlungen 58 Mitglieder der französischen Widerstandsgruppe Réseau Alliance zum Tode und neun weitere zu langjährigen Freiheitsstrafen. Für drei Mitglieder der französischen Widerstandsgruppe Réseau Alliance hängt an der Justizvollzugsanstalt Freiburg eine Gedenktafel. Sie wurden 1944 hingerichtet.

Neueste Erkenntnis: Volksgerichtshof tagte auch in Freiburg

In Freiburg wurden in 13 Verfahren mehrere Todesurteile und zahlreiche Zuchthausstrafen verhängt. Laut Amtsgericht Freiburg hat die Ausstellungsgruppe erstmals herausgefunden, dass der Volksgerichtshof auch in Freiburg seinen Sitz hatte.

Hellgrüner Saal mit einem schwarzen Stuhl. Das Logo des Landes Baden-Württemberg im Hintergrund.
In diesem Saal wurden schon in den 1940er Jahren Urteile gefällt. Heute hängt das Wappen des Landes Baden-Württemberg im Hintergrund.

Hingerichtet für den Diebstahl von Kleidung und Alkohol

Das Sondergericht tagte von 1939 bis Kriegsende in Freiburg. Es verhandelte über Fälle wie das Hören von ausländischen Radiosendern. Aber auch das Stehlen von Bonbons, Alkohol oder Kleidung.

"Sondergericht Freiburg: Der Angeklagte, Postschaffner aus Konstanz, wird wegen Beraubung von Feldpostsendungen als Volksschädling mit dem Tode bestraft."

Zu den Angeklagten gehörten beispielsweise Post- oder Bahnmitarbeiter, die die Dinge aus Feldpostpaketen gestohlen hatten. Insgesamt gab es über 1.000 Verfahren vor dem Sondergericht Freiburg. Hier wurden oftmals politische Gegner kriminalisiert, so Kummle.

Bald Teil des neuen NS-Doku-Zentrums in Freiburg

Thomas Kummle und das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus Freiburg führen derzeit Gesprächen. Die neue Gedenkstätte für die Geschichte der NS-Zeit in Freiburg wird nach aktuellem Stand Mitte 2024 eröffnet. Sie soll auch Teile der NS-Justizgeschichte zeigen.

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