Einen eigenen SC Freiburg-Punsch anrühren, mit einem aufblasbaren Rentier-Geweih auf dem Kopf Fragen beantworten und unsichtbare Gegenstände ertasten - das waren mal ganz andere sportliche 90 Minuten für SC-Coach Julian Schuster. Der 39-Jährige stellte sich bei der Gesprächsreihe "nachgefragt" im Rotteck-Gymnasium den neugierigen Fragen der Schülerinnen und Schüler und gewährte dabei Einblicke in sein Leben und seine Überzeugungen.
Schuster als Exil-Schwabe in Baden
Anpfiff mit dem Badnerlied: Die Hymne eröffnet den Talk-Abend im Rotteck-Gymnasium. Moderator Frederik Rausenberger zu Julian Schuster: "Nervt es Sie als Schwabe ständig das Badnerlied zu hören?" Daraufhin Schuster mit einem Schmunzeln im Gesicht: "Wie man gesehen hat, habe ich den Text mitgesungen, so weit sind wir schon." Applaus und Lachen im Publikum. Über 300 Zuschauer, darunter Eltern, Lehrkräfte und zahlreiche Schülerinnen und Schüler, drängen sich im Foyer der Schule.
Das Interesse am Nachfolger von Streich ist spürbar groß. Moderatorin Mathilda Helas hakt nach: "Welches Schwaben-Klischee trifft denn auf Sie zu?" Der Fußballlehrer des Sportclubs erwidert: "Schaffe, schaffe Häuslebauer, das stimmt schon mal, ich habe in Freiburg ein Haus gebaut und die Kehrwoche hat mich doch auch sehr geprägt", so der Fußballlehrer des Sportclubs. Wieder herzhaftes Lachen im Publikum.
Kindheitsträume: Bäcker und Fußballer werden
Weitere Anekdoten gibt Schuster in einer Schnellfrage-Runde preis. Auf die Frage "Bayern München oder Borussia Dortmund?" antwortet er ohne zu zögern: "Bayern München." Sein Kindheitsidol, Jürgen Klinsmann, habe schließlich bei den Bayern gespielt, erklärt er. Zudem habe die Familie von Klinsmann in der Nähe eine Bäckerei betrieben. "Wenn du zehn Brezeln gekauft hast, bekamst du einen Aufkleber, und bei fünf Aufklebern gab es dann eine Klinsmann-Tasse," so Schuster mit einem nostalgischen Lächeln. Der Geruch frisch gebackener Laugenbrezeln erinnert ihn noch heute an diese Zeit. Damals träumte er davon, sowohl Bäcker als auch Fußballer zu werden.
Aufgewachsen in Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg) war Schuster schon als kleiner Knirps ständig auf dem Fußballplatz zu finden. Er kickte jahrelang beim FV Löchgau (Kreis Ludwigsburg), bis er über Umwege beim VfB Stuttgart landete. Schule und Training unter einen Hut zu bekommen, sei eine Herausforderung gewesen, erklärt Schuster. "Was war denn so Ihr Abischnitt?", fragt Moderator Rausenberger. Schuster verzieht das Gesicht: "Ah, inzwischen könnte ich mich für ein paar Studiengänge bewerben, ich habe ja ein paar Wartesemester jetzt."
Fußballtrainer: Leidenschaft statt Job
Vom VfB Stuttgart ging es dann 2008 zum Sportclub Freiburg. Dort ist der 39-Jährige mittlerweile seit 16 Jahren aktiv: als Spieler, Kapitän und zuletzt als Verbindungstrainer. Seit dieser Saison leitet er das Team als Cheftrainer. "Sind Sie als Trainer aufgeregter oder waren Sie es als Spieler?" Schuster antwortet: "Als Trainer bin ich viel entspannter. Als Spieler war ich nervöser." Er umgebe sich mit Spezialisten, die ihm Sicherheit geben, und spüre von Anfang an Gelassenheit. Die Spieler hätten ihm sofort ein gutes Gefühl gegeben. Er möchte sie inspirieren, sportlich, aber auch menschlich.
"Tagtäglich die Jungs zu sehen, das ist ein großes Geschenk für mich", schwärmt Schuster. Der Trainerjob sei keine Arbeit, es sei eine Leidenschaft, eine privilegierte Aufgabe. Er stehe in engem Austausch mit seinem Team. Auch seinen Vorgänger, Christian Streich, treffe er hin und wieder. "Freiburg ist ein Dorf. Christians Sohn und mein Sohn spielen in der gleichen Mannschaft", erzählt Schuster. Da laufe man sich über den Weg. Streich habe ihm vor dem Pokalspiel gegen Osnabrück gesagt: "Da musch du erstmal gewinne".
Cheftrainer Julian Schuster ist seit 150 Tagen im Amt. Auf seinem Wunschzettel in diesem Jahr steht das:
Mit Yoga-Sessions kann Schuster entspannen
Abseits vom Fußball wollte das Moderations-Duo Helas und Rausenberger noch mehr Persönliches über ihren Gast erfahren. Um dies zu erreichen, hatten sie schwarze Säcke mit verschiedenen Gegenständen vorbereitet, die Julian Schuster ertasten sollte. "Vielleicht ein Pokal", mutmaßte der 39-Jährige, als er eine kleine Buddha-Statue hervorholte - eine Anspielung auf seine Yoga-Übungen. Der vierfache Vater erklärte, dass er Yoga als seine persönliche Entspannungsstrategie entdeckt habe. Nach einem durchgetakteten Tag voller Training und Spielvorbereitung helfe ihm eine Yoga-Session, gemeinsam mit seiner Frau, wieder zur Ruhe zu kommen: "Für Körper und Geist ist Yoga für mich eine Insel, wo ich gereinigt werde."
Einen tiefen Einblick bietet Schuster auch, als er die letzte Frage beantwortet: "Was möchten Sie uns zum Schluss noch mitgeben?" Was für ihn total wichtig sei, sei das Geben. "Jeder, der geben kann, unabhängig wie viel er hat, und trotzdem noch teilt und gibt, das ist für mich die größte Freude und das größte Glück." Applaus brandet auf, und Schuster ist sofort von Kindern und Eltern umringt, die ein Autogramm möchten.