Betreuung ist ein großer Aufwand

Stiftung in St. Märgen fordert flexibleres Arbeiten mit minderjährigen Geflüchteten

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Wera Engelhardt
Wera Engelhardt
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Jasmin Bergmann

Minderjährige Geflüchtete unterzubringen und zu betreuen ist ein großer Aufwand. Die Stiftung Timeout in Sankt Märgen wünscht sich deshalb mehr Flexibilität bei der Jugendhilfe.

Immer mehr minderjährige Geflüchtete, die allein reisen, kommen derzeit in der Region an. Für ihre Betreuung sind die Kommunen zuständig, doch die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg schlagen Alarm: Sie fühlen sich allein gelassen und überfordert. Auch wegen des Fachkräftemangels warnten sie bereits in mehreren Brandbriefen an Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) vor einem Kollaps. In einem Krisengespräch am Dienstag in Stuttgart hat sich Lucha mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände auf Wege geeinigt, wie die Jugendämter kurzfristig entlastet werden können - zum Beispiel durch eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten.

Geld ist nicht das Problem

Bei der Stiftung Timeout in Sankt Märgen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) sind aktuell 16 jugendliche Geflüchteten untergebracht. Die zwischen 14- und 17-Jährigen kommen überwiegend aus Afghanistan, Syrien und afrikanischen Ländern, wie beispielsweise Guinea. Finanziert wird die Betreuung von den Kommunen - an Geld mangele es nicht, sagt Daniel Götte, der Leiter der Stiftung.

Jugendhilfe muss flexibler werden

Aber es brauche eine flexiblere Gestaltung der Jugendhilfe. "Lasst uns gut integrierte Menschen aus den Ländern, aus denen die geflüchteten Jugendlichen kommen, mit in die Fachteams einbinden, möglichst barrierefrei. Dann funktioniert es", sagt Götte. Man müsse sich davon verabschieden, nur geprüftes Personal mit langer Ausbildung einzustellen.

Die fünf Einrichtungen der Stiftung Timeout praktizierten das bereits erfolgreich, schildert Götte. Die beiden Köche in Sankt Märgen zum Beispiel stammen aus dem Iran und aus Gambia. Neben Gerichten aus ihren Heimatländern servieren sie auch Badisches Dreierlei.

Minderjährige Geflüchtete sind unter anderem bei der Stiftung Timeout in Sankt Märgen untergebracht.
Daniel Götte ist der Gesamtleiter der Stiftung Timeout.

Geflüchtete brauchen gute Unterkünfte

Laut Daniel Götte braucht es außerdem die nötigen Räume, um die jungen Menschen angemessen unterzubringen. Für ein paar Tage reiche auch mal eine Turnhalle, aber das sei keine Dauerlösung. Er habe diesbezüglich aber schon positive Erfahrungen gemacht: Wenn man nach Räumen suche, werde man in den Kommunen oft auch fündig.

Bei ihnen in Sankt Märgen wohnen die Jugendlichen in Einzel- oder Zweibettzimmern. Viele der Geflüchteten haben kaum Gepäck, haben nur das, was sie am Leib tragen. Aus gesundheitlichen Gründen werden sie bei ihrer Ankunft erst einmal untersucht. Viele von ihnen seien während ihrer Flucht erkrankt, zum Beispiel an Diphterie, sagt Götte.

Jugendliche wollen deutsch lernen

Direkt vom ersten Tag an bekommen die jungen Leute Unterricht - unter anderem in Deutsch und Mathe. Den geben bei der Stiftung nicht nur ausgebildete Lehrkräfte, sondern auch Helferinnen und Helfer, die eine gewisse Vorerfahrung mitbringen. Anfangs haben alle Geflüchtete gemeinsam Unterricht. Danach werden sie in Gruppen eingeteilt, je nach Kenntnisstand. "Die sind alle wissbegierig und wollen gerne am Unterricht teilnehmen", sagt Masoud Farhatyar, der zuständige Flüchtlingskoordinator.

Minderjährige Geflüchtete sind unter anderem bei der Stiftung Timeout in Sankt Märgen untergebracht.
Der 17-jährige Farzam ist alleine vor den Taliban aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. Jetzt wohnt er in Sankt Märgen.

Ziel: allein zurechtkommen

Auch Freizeitaktivitäten gehören zur Betreuung dazu. Die Geflüchteten gehen beispielsweise gemeinsam mit Helfern Fahrrad fahren, bouldern oder sie fahren mit dem Bus in den Nachbarort. Sie sollen dadurch lernen, sich in ihrer neuen Umgebung eigenständig zurechtzufinden, sagt Leiter Daniel Götte. Der 17-jährige Farzam floh vor den Taliban aus Afghanistan und lebt jetzt erstmal hier bei Timeout. Seine Eltern blieben in der Heimat zurück. Sein großes Ziel: "Ich habe mir ein Limit gesetzt, die Sprache in zwei Monaten so weit zu lernen, dass ich allein zurechtkomme."

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