Giftmülldeponie im Elsass

Internationaler Protest gegen Stocamine-Versiegelung

Stand
Autor/in
Christine Veenstra

Im Elsass demonstrierten am Samstagmittag mindestens 250 Deutsche und Franzosen gegen die Versiegelung der Giftmülldeponie Stocamine. Auch jüngere Umweltschützer waren dabei.

Die Demonstration war etwas größer als vorherige. Erstmals waren auch junge Umweltschutzbewegungen dabei, und das grenzüberschreitend. Auch "Fridays for Future" Freiburg hatte für den internationalen Protesttag im elsässischen Wittelsheim mobilisiert ebenso wie das Bündnis "Ende Gelände". Die Demonstrierenden fürchten, dass der Sondermüll zur Gefahr für einen der wichtigsten Grundwasserleiter Mitteleuropas unter dem Rhein zwischen Schwarzwald und Vogesen werden könnte. Die Region gilt als erdbebengefährdet.

"Wir sind zuversichtlich. Das ist das erste Mal, dass wir junge Bewegungen zusammenbringen. Und das ist eine grenzüberschreitende Bewegung. Ich glaube, das wird Früchte tragen. Auf jeden Fall lassen wir nicht locker."

Frankreichs Umweltminister hatte vor wenigen Tagen verkündet, dass die Versiegelung der Mine samt der mehr als 40.000 Tonnen Giftmüll darin so schnell wie möglich beginnen und bis 2027 abgeschlossen werden soll. Noch in diesem Monat soll es den nötigen Erlass der zuständigen Präfektur geben. Die Gegner sind empört. Sie hatten immer wieder gefordert, den Giftmüll zu bergen. Nun wollen sie den Protest forcieren - und internationalisieren.

Während ältere Umweltschutzorganisationen auf deutscher Seite schon lange verfolgen, was sich rund um die frühere Kalimine Stocamine tut, haben die jüngeren Aktivistinnen und Aktivisten das Thema erst in jüngster Zeit entdeckt. "Die Leute wussten davon eigentlich überhaupt nichts. Das hat jetzt erst seit wenigen Monaten überhaupt nach Deutschland übergegriffen, obwohl es uns ja eigentlich extrem viel angeht", sagt zum Beispiel Merlin Geburek von Fridays for Future Freiburg.

Gruppe 'Destocamine' sucht Verbündete in Deutschland

Vertreter des elsässischen Bündnisses 'Destocamine' hätten seine Gruppe vor einigen Monaten kontaktiert und im Plenum der Freiburger Klimaschützer aufgeklärt, was rund um Stocamine gerade passiere, so Geburek. Man ludt einen Vertreter zum Großstreik ein, der am Freitag vor einer Woche stattfand und damit ging die gemeinsame Mobilisierung los.

"Da kam Toni von Destocamine zu uns auf den Großstreik und hat da vor 6.500 Leuten eine Rede gehalten und dazu aufgerufen, an diesem Samstag nach Wittelsheim zu kommen und gegen die Versiegelung der Mine zu protestieren", so Geburek.

Abgestimmte Aktion in drei Ländern

Nicht nur Fridays for Future, sondern auch das Bündnis "Ende Gelände", das zum Beispiel in deutschen Braunkohle-Revieren Schlagzeilen gemacht hat, hat für den internationalen Protesttag in Wittelsheim mobilisiert. Vor dem Freiburger Konzerthaus hatten Aktivistinnen und Aktivisten dazu am vergangenen Samstag Wasser in einem Wasserfass symbolisch giftgrün eingefärbt.

Es war eine abgestimmte Aktion mit weiteren Gruppen in Frankreich und der Schweiz. Etwa zeitgleich verfärbte sich beispielsweise auch das Wasser des Flüsschens Lauch in der beschaulichen Altstadt von Colmar.

BUND seit langem bei Protesten dabei

Alt-BUND-Geschäftsführer Axel Mayer in Wittelsheim
Alt-BUND-Geschäftsführer Axel Mayer aus Endingen ist am Samstag auch in Wittelsheim, er protestiert schon lange gegen den Giftmüll.

Mitglieder der Umweltorganisation BUND Südlicher Oberrhein, die das Ringen um Räumung oder Versiegelung von Stocamine seit langem verfolgen, haben elsässische Umweltschutzgruppen demgegenüber wesentlich dezenter unterstützt - unter anderem die Organisation Alsace Nature bei ihrem laufenden juristischen Kampf gegen die Versiegelung.

Alsace Nature hat zuletzt noch einmal Strafanzeige gegen die staatseigene Betreiberfirma von Stocamine gestellt - wegen Täuschung der Öffentlichkeit. Weitere strafrechtliche Verfahren laufen noch. Außerdem will die Organisation noch einmal untersuchen lassen, wie riskant und wie teuer die Bergung der rund 40.000 Tonnen Sondermüll aus der ehemaligen Mine wäre.

Gegner sammeln Geld für neues Gutachten

Frankreichs Regierung lehnt die Bergung unter anderem wegen der gefährlichen Situation unter Tage ab. Seit einem Brand im Jahr 2002 ist die Mine nämlich marode. Wasser dringt ein. Doch der Geschäftsführer des BUND Südlicher Oberrhein, Stefan Auchter, sagt, es fehle bisher ein unabhängiges Gutachten dazu.

Alle Gutachten, die bisher auf dem Tisch lägen, seien vom Minenbetreiber selber in Auftrag gegeben worden. Alsace Nature habe nun Geld für eine Gegenexpertise gesammelt. "Das haben wir quasi übersetzt und über unsere BUND Seite Gelder gesammelt, um die zu unterstützen", so Auchter. Und auch beim Protest in Wittelsheim seien Mitglieder des BUND dabei.

Folgen auch für Grundwasser am Oberrhein befürchtet

Mehrere deutsche Abgeordnete aus der Oberrhein Region positionieren sich klar gegen die geplante Versiegelung des Giftmülls, darunter auch der grüne Lörracher Landtagsabgeordnete und Vize-Präsident des Oberrheinrats, Josha Frey. Die Solidarität mit den elsässischen Nachbarn gebiete das, aber auch das Eigeninteresse, so Frey. Denn es gebe Grundwasserströme, die sich auch nach Baden-Württemberg ausdehnten.

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