Angehörige gedenken in der Straßburger Universität 86 getöteten Juden

Erinnerung: Juden für anatomische Sammlung ermordet

Stand
Autor/in
G.Fraize, D. Meneu M. Kelhetter; France3
Onlinefassung
Susanne Oertelt

86 Juden wurden im Elsass 1943 für eine Skelett-Sammlung getötet - auf Anweisung des Anatomieprofessors Hirt. Nun sind Angehörige der Opfer zum Gedenken nach Straßburg gekommen.

August Hirt wurde 1941 Direktor des Anatomischen Instituts der damals nationalsozialistischen Reichsuniversität Straßburg. Für den Aufbau einer anatomischen Sammlung an der Reichsuniversität ließ der Anatomieprofessor 86 Juden ermorden. Dafür gab er 1943 einem Anthropologen den Auftrag, unversehrte Juden im Vernichtungslager Ausschwitz auszusuchen.

Die 86 Menschen erreichten das Lager Struthof-Natzweiler im August 1943. Einige Tage danach wurden sie in die Gaskammer gebracht. Diese diente bisher bei Versuchen mit Senfgas. Diesmal wurde das Gas zum Töten eingesetzt, ohne die Körper zu beschädigen. Sie sollten intakt bleiben. Anschließend wurden sie für ein Jahr in Alkohol-Becken im Anatomischen Institut eingelegt.

Der Rassenwahn des Nazi-Mediziner

Mit der jüdischen Skelett-Sammlung wollte Hirt seine Rassenlehre untermauern. "Um zukünftigen Generationen zu zeigen, was an dieser Rasse angeblich minderwertig war", fügt Sandrine Gaume, Sprecherin des Lager Struthof-Natzweiler, an.

Nun besuchen Familienangehörige einiger der Opfer Straßburg und gedenken ihrer Toten. Sie betraten erstmals die Flure und Säle der ehemaligen Reichsuniversität und besichtigten das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Einige sind aus den USA, aus Israel und der Schweiz angereist. Ihre Cousins und Großmütter, die hier ermordet wurden, hatten Namen, Gesichter, Berufe - ein Leben, das dem Historiker Hans-Joachim Lang gelang, zu dokumentieren und nachzuerzählen.


Die Angehörigen können den Horror nicht fassen

"Sie wurden für eine Sammlung von jüdischen Skeletten ermordet. Das ist unbegreiflich, kann irgendjemand diesen Horror verstehen? Ich verstehe das nicht."

Auch Henri Bober, der Cousin von Harri Bober, aus der Schweiz ist entsetzt, "Ich habe oft an meinen Cousin gedacht. Ich habe ihn mir vorgestellt, wir er als Leiche auf den Seziertischen lag. Das ist fürchterlich. Ich kann nicht verstehen, wie man an den Punkt gelangen kann, und die Menschen wie Vieh behandelt. Man kann es nicht anders sagen."

Den Opfern einen Namen und eine Geschichte geben

Als die Alliierten kamen, gab August Hirt den Befehl, die Körper zu zerstören. Später wurden sie entdeckt und im israelischen Friedhof in Straßburg-Kronenbourg beigesetzt. Es hat über 10 Jahre gedauert, die Erinnerungen an die 86 Opfer wieder ans Licht zu bringen und sie zu identifizieren. Es ist dem Historiker Hans-Joachim Lang zu verdanken, dass auf Ihren Grabsteinen Namen stehen. Eine Erinnerungsarbeit, an der die Familien und Historiker weiterhin festhalten wollen.

Die ganze Sendung Dreiland Aktuell sehen Sie hier, den Beitrag über die ermordeten Juden ab Minute 2:17:

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