Fessenheim in Frankreich war bisher vor allem bekannt für sein Atomkraftwerk. Seit Juni 2020 ist das stillgelegt, die Anlage soll abgerissen werden. Doch ein in unmittelbarer Nähe geplanter Bau erhitzt weiter die Gemüter auf französischer und deutscher Seite: Das sogenannte Technocentre. Nun können sich Bürgerinnen und Bürger zu den Plänen äußern.
Radioaktives Metall an der Grenze
Die geplante Anlage soll zum Recycling von schwach radioaktiven Metallen, die beispielsweise aus alten Atomanlagen oder aus Wartungen von noch laufenden Atomkraftwerken stammen, genutzt werden. Es wäre das erste Projekt dieser Art in Frankreich. Laut dem Unternehmen Électricité de France (EDF), das auch das Atomkraftwerk betrieben hatte, weist eine erhebliche Menge von Metallen aus Wartungen und dem Rückbau von Nuklearanlagen nur eine geringe Radioaktivität auf und kann somit wiederverwendet werden. Das Unternehmen schätzt, dass allein auf französischer Seite in den nächsten Jahren rund 400.000 Tonnen solcher Metalle zusammenkommen könnten. Nach den aktuellen Plänen soll die Recyclinganlage bis 2031 in Betrieb gehen.
Seit 2020 abgeschaltet So geht es weiter mit dem AKW Fessenheim
Die Reaktoren in Fessenheim sollen zurückgebaut werden. Doch das könnte lange dauern. Und an den Plänen der Behörden wird Kritik laut.
Bürger werden involviert
An diesem Donnerstag beginnt eine "öffentliche Debatte" rund um den geplanten Bau. Die öffentliche Debatte ist im französischen Umweltgesetzbuch verankert. Es soll jeder Person ermöglichen, Einfluss auf die Ausarbeitung eines "Projekts mit hohen ökologischen Herausforderungen" zu nehmen. EDF hatte deshalb das Projekt freiwillig zur öffentlichen Debatte angemeldet. Die Beteiligung ist dabei nicht auf die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Gebiete reduziert. Auch Ländergrenzen spielen hier keine Rolle. Heißt: Auch Interessierte aus Deutschland können an der Debatte teilnehmen. Geplant sind unter anderem öffentliche Veranstaltungen und eine Online-Beteiligungsplattform. Mit der öffentlichen Debatte sollen noch einzelne Teilbereiche optimiert und diskutiert werden.
Frühe Kritik aus dem Regierungspräsidium Freiburg
Aus Südbaden hatte es schon früh Kritik am geplanten Technocentre gegeben. Das Regierungspräsidium hatte vielmehr auf eine deutsch-französische Innovationsregion in Fessenheim gehofft. Nachdem dann die Entscheidung gefallen war, hatte die damalige Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer gesagt: "Dass das Technocentre kommt, ja, ganz offen, das ist eine bittere Pille, die wir schlucken müssen. Wir sind natürlich an der Entscheidung nicht beteiligt. Wir haben uns immer ganz klar positioniert, aber wir sind Nachbarn, wir arbeiten zusammen und insofern werden wir auch einen Umgang miteinander finden."
Umweltschützer machen sich Sorgen
Das Technocentre stößt auch bei Umweltschützern aus der Region auf Kritik. Zum einen wird viel Lkw-Verkehr erwartet. Umweltschützer befürchten außerdem, dass Radioaktivität auch in den wiederverwerteten Metallen auftritt. Stefan Auchter vom BUND Südlicher Oberrhein sagte dem SWR kürzlich: "Wir sehen kritisch, dass das eingeschmolzene Metall aus Fessenheim, das zwar lückenlos auf Radioaktivität geprüft wird, am Ende in den Umlauf kommen soll." Die Befürchtung: Fehlmessungen oder Versehen könnten dazu führen, dass das radioaktive Metall im ganz normalen Alltag ankommt.
Bürgerbeteiligung läuft bis Februar
Bis Anfang Februar können sich Interessierte nun über die Pläne rund um das alte AKW informieren und dazu äußern. Die zuständige Behörde "Commission nationale du débat public" (CNDP), die die öffentliche Debatte organisiert, wertet nach Abschluss der Debatte die Ergebnisse und Einwände aus und gibt dann Empfehlungen ab.