Ein kleiner Schädling, der doch so großen Schaden anrichten kann: der Borkenkäfer gibt von Dürre betroffenen Bäumen oftmals den Rest. Wie stark das Ausmaß 2023 in Südbaden war, unterschied sich nach Region und Höhenlage. Aber auch wenn die Borkenkäfer-Population weiterhin auf einem hohen Niveau ist, scheint der Wald fast überall glimpflich davon gekommen zu sein. So brütete der Borkenkäfer nirgendwo viermal jährlich - anders als befürchtet. Eine Übersicht über die Lage des Waldes zwischen Offenburg und Lörrach, Breisach und Villingen-Schwenningen.
Was dem Borkenkäfer 2023 half
Das zunächst nasse Klima im Frühjahr 2023 war für den Borkenkäfer nicht ideal, weshalb der Schädling erst später in Gang kam. Ein Vorteil, denn wenn es spät losgeht, gibt es über das Jahr verteilt weniger Generationen. Auch die feuchte und eher kühle Phase im August entspannte die Situation. Der Käfer profitierte in Südbaden jedoch von den starken Vorjahren und dem trockenen Spätsommer, weshalb die Population auf einem hohen Niveau blieb. Anders als befürchtet ist es nirgendwo in Südbaden zu einer sogenannten vierten Generation gekommen.
Ob ein Baum schlussendlich wegen des Borkenkäfers oder wegen der Dürre absterbe, sei aber schwer auseinander zuhalten. "Oftmals ist es eine Kombination", sagt Diplom-Forstwirt Dr. Christian Suchomel. "Die Dürre setzt dem Baum zu, die Käfer geben ihm den Rest", beschreibt der Sachgebietsleiter des Forstbezirks Todtnau (Kreis Lörrach) das Problem. Meistens würden Fichten unter dem Borkenkäfer leiden, in diesem Jahr traf es durch die Dürre aber auch die Tanne. Der Übeltäter dort: der krummzähnige Tannenborkenkäfer. Im Landkreis Emmendingen litt sogar die Buche - auch von Trockenheit gezeichnet - unter dem Borkenkäfer.
Niedrigster Stand im Stadtwald Todtnau seit 2019
Neben trockenem Klima begünstigen auch Stürme die Massenvermehrung. So warf ein Sommersturm Mitte Juli tausende Bäume im Kleinen Wiesental im Forstbezirk Todtnau um. Ideale Brutvoraussetzungen für den Käfer, weshalb dort die Population auch stark zunahm.
Für die meisten anderen Bereiche im Forstbezirk Todtnau gibt es aber gute Nachrichten. Denn dort ist der Käfer-Befall im Vergleich zu den Jahren 2019-2022 zurückgegangen. Im Stadtwald Todtnau war nur noch ein Drittel des Holzeinschlags auf den Borkenkäfer und die Dürre zurückzuführen. Der niedrigste Stand seit der großen Massenvermehrung des Insekts im Jahr 2019. Trotzdem betont Dr. Christian Suchomel vom Forstbezirk Todtnau, dass die Population weiterhin auf einem hohem Niveau ist. Man habe sich an den Umstand, dass viel "Käferholz" anfällt, gewöhnt. Auch da kommende Jahr sei mit Borkenkäferbefall zu rechnen.
Förster in Rottweil, Ortenaukreis und Waldshut atmen (etwas) auf
"Es hätte uns schlimmer treffen können", sagte ein Sprecher des Kreisforstamtes Rottweil. Im Kreis hatte 2023 nicht nur die Fichte Probleme mit der Trockenheit, sondern auch die Tanne. Auch im Kreis Waldshut ist die Borkenkäfer-Situation 2023 besser als befürchtet. So war die Lage im Frühjahr entspannt. Durch den langen Spätsommer fiel in den Höhenlagen im Schwarzwald aber sehr viel "Käferholz" an, bestätigte auch das Landratsamt Waldshut auf Nachfrage. Am Hochrhein - also in den tieferen Lagen - gebe es laut Landratsamt kaum bis gar keine Fichten mehr. Dadurch sei in Bereichen wie Lottstetten kein "Käferholz" angefallen. Auch in Jestetten waren weniger als zehn Prozent der Fläche betroffen. Statt Käferschäden kam es aber teilweise zu Dürreschäden. Deshalb sei ein nasser Winter gut für die Bäume.
Es war nicht so extrem wie im Jahr 2022, sagt auch Hartmut Engler, Förster und Waldschutzbeauftragter des Ortenaukreises. Ähnlich wie am Hochrhein lag der Anteil der Fichten, die 2023 wegen des Käfers geschlagen worden sind, bei etwa zehn Prozent. Das sei etwas mehr als im Vorjahr, aber in Bezug auf den Gesamteinschlag nicht so dramatisch, sagt Engler. Es sei gut, dass sich der Wald wieder von alleine regeneriere, wenn kleine Flächen betroffen seien. Generell sei der Waldzustand günstig, da es im Ortenaukreis nicht so viele Fichten, sondern viele Mischbestände gebe. Regional gab es auch im Ortenaukreis große Unterschiede, so war das Renchtal - das an den Nationalpark Schwarzwald grenzt - stärker betroffen. Genauso wie im Kreis Rottweil litt die Weißtanne unter dem trockenen Jahr.
Borkenkäfer mittlerweile auch an Buchen
Bleibt das Niveau in den bereits genannten Landkreisen hoch, aber konstant, sieht es im Landkreis Emmendingen schlechter aus. Hier haben die Borkenkäferschäden an Fichten über zehn Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 zugenommen. Borkenkäfer griffen in den Kommunal- und Privatwäldern aber nicht nur Fichten, sondern auch Buchen an. Diese Entwicklung untersucht der Landkreis aktuell gemeinsam mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA). Auch hier ist Trockenheit ein großes Problem: Die geringen Niederschläge gelangten kaum in den Boden und an die Wurzeln, weshalb die Bäume keine oder nur geringe Abwehrmöglichkeiten gegenüber Insektenbefall hatten.
So machen es die Förster dem Borkenkäfer im Schwarzwald schwer
Schon seit den 1970er-Jahren erschweren sogenannte Mischbestände die Ausbreitung des Borkenkäfers. In solchen Wäldern wachsen nicht nur Fichten, sondern je nach Lage auch die Esskastanie, Buchen, Weißtannen oder der Spitzahorn. Wichtig ist, dass die Baumarten gut mit Hitze und Trockenheit umgehen können.
Als trockenresistent und schnell wachsend gilt die Douglasie. In Höhenlagen ist es zudem wichtig, dass die Bäume frostresistent sind.
Warum der Borkenkäfer-Befall etwas zurückgegangen ist, habe zwei Gründe, vermutet Dr. Christian Suchomel vom Forstbezirk Todtnau. So seien die ganz problematischen Standorte - südexponiert oder trocken - bereits vielfach befallen und viele Fichten deshalb bereits abgestorben. Der zweite Grund sei, dass die Forstverwaltung "Käferholz" konsequent entfernt. Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wurde sogar die Taskforce "Borkenkäfer" eingerichtet, die Schäden räumlich begrenzt und auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau hält. Daher finden sich in den Wäldern des Landkreises bislang nur vergleichsweise kleine Schadensflächen, sagte ein Sprecher.