Christian Stegemann lebt in der Freiburger Altstadt. Er ist schwerbehindert und daher auf sein Auto und einen Parkplatz angewiesen. Als er kürzlich einen neuen Anwohnerparkschein beantragen wollte, wurde ihm klar, dass es keine Ermäßigung für Menschen mit Behinderungen mehr gibt. Einen solchen, sogenannten Nachteilsausgleich hatte es im Zuge der Erhöhung der Parkgebühren in Freiburg zwischenzeitlich gegeben. Doch nun soll Stegemann wie jeder Anwohnende 200 Euro pro Jahr zahlen. Das findet er ungerecht und hat vor, gegen die aktuelle Gebührenordnung in Freiburg zu klagen.
Betroffener: Gleichstellung bedeute nicht Gleichberechtigung
Mit dem Fahrrad zur Uni - das ist für den Studenten nicht möglich. Seit seiner Geburt ist er schwerbehindert. Für ein möglichst normales Leben sei er deswegen auf sein Auto angewiesen, erzählt er. Dass die neue Gebührenordnung fürs Anwohnerparken behinderte und nichtbehinderte Menschen gleichstellt, findet er fragwürdig. Auch kann er nicht verstehen, warum es für ihn und andere Betroffene inzwischen keine Park-Ermäßigung von der Stadt mehr gibt. Die Kommunalpolitik müsse "Gleichberechtigung anstatt Gleichstellung" garantieren, fordert Stegemann.
Gericht kippte frühere Ermäßigung für behinderte Menschen
Rückblick: Im April 2022 hatte Freiburg die Parkgebühren für Anwohnende drastisch erhöht. Statt 30 Euro waren nun - bei größeren Fahrzeugen - bis zu 480 Euro pro Jahr fällig. Diese Regelung wurde im Juni 2023 vom Bundesverwaltungsgericht einkassiert. Die damalige Satzung hatte eine Sozialstaffelung und unterschiedliche Gebühren je nach Fahrzeuglänge enthalten. Gerade diese Staffelung hielten die Richter aber für unzulässig.
Ursprünglich hatte die Stadt für Menschen mit Behinderung eine Ermäßigung vorgesehen. Je nach Behinderungsgrad zahlten sie für Anwohnerparken zwischen null und maximal 120 Euro im Jahr. Rund 270 betroffene Stadtbewohnerinnen und -bewohner hatten eine Ermäßigung oder einen Erlass zwischenzeitlich beantragt - so auch Christian Stegemann.
Doch diese Möglichkeit gibt es nicht mehr. Seit Dezember 2023 gilt nun eine neue Rechtsverordnung. Und danach muss der Freiburger Student die einheitliche Jahresgebühr von 200 Euro zahlen - wie alle anderen.
Behindertenbeauftragte berichtet von Beschwerden
Bei Sarah Baumgart haben sich in jüngster Zeit noch weitere Betroffene gemeldet. Sie ist die Behindertenbeauftragte der Stadt. Viele verstünden nicht, warum es nun keine Ermäßigung für schwerbehinderte Personen mehr gibt. Da sie Busse und Bahnen wegen der vielen Barrieren nicht immer nutzen könnten, seien sie häufig auf ein Auto angewiesen.
Sie bedauert die Situation - zumal sie selber an der alten Gebührensatzung mit den Ermäßigungen mitgewirkt hatte. "Wir können als Stadtverwaltung keine weiteren Erleichterungen erlassen, da uns das Gerichtsurteil die Hände bindet", erklärt Baumgart.
Wer einen EU-Parkausweis besitze, könne zumindest für drei Stunden kostenlos auf Anwohnerplätzen parken, sagt Baumgart. Dieser Ausweis sei für ein dauerhaftes Parken aber kein Ersatz, weiß die Behindertenbeauftragte.
Stadt Freiburg sieht keinen Spielraum für Ermäßigungen
Die Stadt Freiburg sieht nach eigenen Angaben aktuell keine Möglichkeit, rechtskonform Ermäßigungen für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Als Stadt müsse man sich an die Gerichtsentscheidung halten, heißt es aus dem Rathaus.
Christian Stegemann will sich damit nicht zufrieden geben. Er plant, beim Freiburger Verwaltungsgericht gegen die aktuelle Gebühren-Regelung zu klagen. Um das finanzieren zu können, möchte er eine Spendenkampagne starten. Der Freiburger Rechtsanwalt Patrick Heinemann hat sich bereit erklärt ihn zu vertreten. Heinemann hatte auch die Klage des FDP-Stadtrats Sascha Fiek gegen die erste Gebührenordnung eingereicht.
Es gehe ihm nicht darum, selbst einen vergünstigten Anwohnerparkausweis zu bekommen, sagt Christian Stegemann. Sein Ziel sei vielmehr, "dass die bestehende Regelung für alle Menschen mit Schwerbehinderung gekippt wird."