Unzählige Proteste, Petitionen und Gutachten haben in den vergangenen 17 Jahren die Sanierung der Kreisstraße im Tennenbacher Tal in Freiamt (Landkreis Emmendingen) immer wieder verzögert. Die meisten Freiämter, vor allem diejenigen die täglich nach Freiburg pendeln, wollen endlich eine sanierte Straße. Gegen die Sanierung, wie sie momentan geplant ist, sind aber Denkmal- und Naturschützer aus der Region - und der Verkehrsclub Deutschland.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat am Donnerstag bekannt gegeben, dass er gegen die momentan geplante Sanierung klagen wird. Mit seiner Klage stoppt der VCD-Regionalverband die Genehmigung des ersten Bauabschnitts. Den hatte das Regierungspräsidium Freiburg genehmigt. Der VCD fürchtet aber, dass der Bau des ersten Teilabschnitts eine Festlegung auf die gesamt Straße bedeutet.
Das sind die Pläne für die Sanierung
Was aber soll gemacht werden? Nach aktuellem Stand soll die 1,3 Kilometer lange Straße in zwei Bauabschnitten saniert werden. Für die ersten 460 Meter soll die Fahrbahn 5,5 Meter breit werden. Hinzu kommen Wasserabläufe, Leiplanken, kleinere Mauern, Geländer und drei Amphibientunnel. Zudem soll die Böschung aufgeschüttet werden. Für die Begradigung einer Kurve muss das Herderbächle, das schon jetzt unter der Straße durchfließt, verlegt werden. Die Gesamtkosten betragen fast 1,3 Millionen Euro, wovon über 70 Prozent das Land Baden-Württemberg übernehmen würde.
Alice Bühler ist eine von den über 1.000 Pendlerinnen und Pendlern, die die Straße täglich nutzen. Sie kann die Diskussion nicht mehr nahvollziehen: "Wenn man die Straße hier entlangfährt, dann sieht man ja eindeutig, dass da was gemacht werden muss. Wenn man überlegt, wie viele Freiämter täglich zur Arbeit pendeln."
Pendler und Freiämter befürworten die Sanierung
Genutzt wird die Straße auch von Landwirten und Gewerbetreibenden, wie Zimmereien. Mit einer Unterschriftenaktion setzten sich die Menschen aus Freiamt bereits für die Sanierung ein, die auch von den regionalen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen befürwortet wird.
1,3 Kilometer ist die Kreisstraße zwischen "Sonnenziel" und Tennenbach lang. Innerhalb weniger Minuten ist diese Strecke geschafft, außer man muss mehrmals stoppen. Denn die Straße ist um einiges schmaler als gewohnt: Im Schnitt 4,5 Meter.
1,3 Kilometer sind porös und löchrig
Unzählige Male wurde die Straße in den vergangengen Jahrzehnten geflickt - sie ist porös und uneben. Auch ein Gutachten bestätigt, dass die Straße einen komplett neuen Belag benötigt. Momentan ist auf der Strecke eine Geschwindigkeit von maximal 50 Stundenkilometern erlaubt, größere Lkws über 7,5 Tonnen müssen einen anderen Weg nehmen. Mit der Sanierung soll die Straße einen Meter breiter werden, maximal 70 Stundenkilometer erlaubt sein und Lkws dort fahren dürfen.
Ist die Verkehrssicherheit gefährdet?
In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu kleineren Kollisionen, meistens ging es um abgefahrene Autospiegel. So argumentiert der Landkreis Emmendingen, wenn es um die geplante Sanierung geht, mit mehr Fahrsicherheit. Böschungen würden fehlen, Fahrbahnränder regelmäßig abbrechen und so gefährliche Begegnungssitutionen entstehen. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit habe ein Verkehrsgutachten nachgewiesen.
Dagegen argumentiert der VCD-Regionalverband: "Vor allem aber würde die heute sehr gute Verkehrssicherheit durch mehr und schnelleren Verkehr, durch Betongräben neben der Fahrbahn und durch die Begradigungen massiv verschlechtert." Schon 2018 hatte der VCD erstmals gegen die Sanierung der Kreisstraße geklagt und einen Baustopp erreicht. Daraufhin musste der Landkreis Emmendingen eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und das nun gestoppte Planfeststellungsverfahren durchführen.
Die Gegner sehen Sanierung als Eingriff in die Natur
Gegen die Sanierungspläne sind neben dem VCD auch Anwohner, wie Ulrich Niemann aus Emmendingen. Der 80-Jährige kommt mehrmals die Woche ins Tal. Gegen eine breitere Straße und neuen Asphalt hat Ulrich Niemann nichts. Aber gegen Eingriffe in die Natur, wie es zum Beispiel bei der Begradigung einer Kurve passieren würde: "Wenn ich die Fahrbahn hier aus schwer zu begreifenden Gründen in die Wiese reinlege, wo es übrigens Biotope gibt, die angeblich geschützt sind, dann ist das eine Schädigung der Natur."
Niemann engagiert sich zusammen mit einem Bürgerforum für eine Alternative. Gegen die Sanierung der Kreisstraße organisierten sie schon drei Petitionen. Jedoch wurden alle vom Petitionsausschuss des Landtags Ende 2017 abgelehnt.
Besonders am Herzen liegt Ulrich Niemann die denkmalgeschützte Kapelle. Sie liegt zusammen mit den drei Wasserschutzzonen im zweiten Bauabschnitt. Die Kapelle gehört zum abgetragenen Kloster Tennenbach und ist das älteste intakte Gebäude zwischen Offenburg und Freiburg.
Für die neue Straße müsste neben der Fahrbahn der Boden aufgerissen werden und mehr als 5.000 m² Dichtungfolie in den Klosterfunamenten vergraben werden. Niemann: "Die Pläne zeigen, dass diese Betonplatte hier gemacht wurde, um die Kapelle vor noch mehr Feuchtigkeit zu schützen. Das soll rausgespitzt werden und dann sollen die Dichtungsfolien, bis an das Mauerwerk verlegt werden."
Die Umweltverträglichkeitsprüfung für diesen zweiten Bauabschnitts, mit den Wasserschutzzonen und dem denkmalgesshützten Kloster, steht noch aus. Fest steht, der Streit hat auch nach 17 Jahren kein Ende.