Die vergangenen Monate boten Zecken prächtiges Wetter zum Überleben. Entsprechend aktiv sind die blutsaugenden Parasiten bereits. "Es gibt keine Winterpause mehr. Ich habe bereits Proben erhalten, es gibt schon erste Infektionen", sagt Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Bei einem Vorlauf von etwa vier Wochen bis zur Diagnose einer übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) müssen sich die Betroffenen demnach mitten im Winter infiziert haben.
Das laufende Jahr könne ein ausgeprägtes Zecken-Jahr werden, sagte Mackenstedt. Die Forschung identifiziere auch - vor allem in Baden-Württemberg - immer mehr sogenannte Naturherde: räumlich begrenzte Gebiete mit Zecken, die den FSME-Erreger in sich tragen.
BW ist Zecken-Risikogebiet
In Risikogebieten - zu denen auch Baden-Württemberg gehört - liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Angaben des baden-württembergischen Landesgesundheitsamts nach einem Zeckenstich bei 1:50 bis 1:100. Weitere Risikogebiete sind zum Beispiel in Bayern, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und seit dem Vorjahr auch im südöstlichen Brandenburg. Hinzu kommen einzelne Risikogebiete in anderen Bundesländern. In solchen Gebieten empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine FSME-Impfung. Zecken können außerdem Borreliose übertragen.
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) 527 FSME-Infektionen gemeldet worden, im Vorjahr waren es 627. In Baden-Württemberg gingen die FSME-Fälle von 209 auf 143 zurück. Expertinnen und Experten gehen aber davon aus, dass viele FSME-Infektionen nicht als solche erkannt werden. Sie erwarten, dass die Zahl der Fälle langfristig steigen wird.
Wo Forscherin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim überall Zecken findet und warum sie so gefährlich sind:
Bei FSME können sich Hirnhaut, Gehirn und Rückenmark entzünden
FSME geht auf Viren zurück, die durch Zeckenstiche übertragen werden können. Bei der Erkrankung können sich Hirnhaut, Gehirn und Rückenmark entzünden. Zecken übertragen zudem in Deutschland neben FSME etwa auch die von Bakterien verursachte Lyme-Borreliose.
Expertinnen und Experten raten dazu, sich von Frühjahr bis Herbst in freier Natur vor Zecken zu schützen: beispielsweise mit langer Kleidung und Socken, die über die Hosenbeine gezogen werden. Darüber hinaus gibt es chemische Abwehrmittel wie bei Mückensprays. Wer in freier Natur unterwegs war, besonders abseits breiter Wege, sucht sich am besten danach nach Zecken ab, heißt es vom RKI. Beliebte Bisspunkte für die Parasiten sind Arm- und Kniebeugen, unter den Achseln, am Haaransatz oder im Genitalbereich.
Süddeutscher Zeckenkongress in Stuttgart
In der nächsten Woche kommen Expertinnen und Experten an der Universität Hohenheim in Stuttgart zu einer wissenschaftlichen Fachtagung zusammen. Dabei beraten sie über biologische, epidemiologische und ökologische Aspekte von Zecken und die von ihnen übertragenen Krankheitserreger und stellen Studienergebnisse vor.