Das Robert Bosch Krankenhaus (RBK) in Stuttgart hat eigenen Angaben zufolge als erste Klinik in Deutschland die Würdezentrierte Therapie in der Palliativmedizin eingeführt. Seit über zehn Jahren bieten ausgebildete Therapeutinnen unheilbar kranken Menschen dort die Möglichkeit, ihr gedankliches Vermächtnis gemeinsam zu formulieren. Sich zum Lebensende auf das Gute und Wichtige zu besinnen, sei befreiend und heilsam, so die leitende Psychologin im RBK Simone Kotterik.
Würdezentrierte Therapie schenkt Erinnerungen und Dankbarkeit
Mit Hilfe einer Therapeutin schauen die kranken Menschen die positiven Seiten ihres Lebens zurück: auf das, was sie geliebt und geleistet haben. Das dient dann als eine Art gedankliches Erbe für ihre Liebsten. Die 72-jährige Jutta Friedel ist dankbar für diese Therapiemöglichkeit. Als sie vor sieben Jahren auf der Intensivstation mit dem Tod kämpfte, haben ihr die Gedanken an die schönen Erlebnisse Kraft gegeben.
Das Therapieangebot habe auch ihren Angehörigen geholfen, sagt Friedel. "Die Familie steht unter Schock und es hilft ihr zu sehen, dass es der Mutter trotzdem gut geht." Den aggressiven Krebs hat Friedel zum Glück überlebt. Ihr gedankliches Vermächtnis aus der Therapie, ein Buch mit eigenen Erinnerungen, hütet sie wie einen Schatz für ihre Kinder und Enkel.
Positive Erinnerungen als Vermächtnis aufschreiben
Die Therapie läuft so ab, dass die Therapeutin der Patientin bzw. dem Patienten eine Reihe offener Fragen stellt, die ihn oder sie anregen sollen, das eigene Leben zu reflektieren. Das Gespräch wird währenddessen aufgenommen, anschließend transkribiert und später zu einem zusammenhängenden Text verarbeitet. Dann hat die Patientin oder der Patient die Möglichkeit, Korrekturen und Änderungen einzuarbeiten. Die Therapeutin erstellt schließlich das fertige Dokument. Wer das Schriftstück am Ende erhalten soll, legt die Patientin oder der Patient selbst fest.
Auszeichnung für werteorientierte Patientenversorgung
Für das Projekt wurde das RBK im September mit dem 2. Platz beim "Award Patientendialog 2024" ausgezeichnet. Der Preis würdigt Krankenhäuser, die neue Maßstäbe für eine werteorientierte Gesundheitsversorgung setzen, indem sie ihre Patientinnen und Patienten in den Fokus stellen.
Therapie wird durch Spenden finanziert
Entwickelt wurde das Modell der Würdezentrierten Therapie vom kanadischen Psychiater Harvey Max Chochinov, um kranken Menschen dabei zu helfen, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Da die Therapie nicht zur Regelversorgung gehört, wird sie am Robert Bosch Krankenhaus durch Spenden des Vereins "Freunde und Förderer des Robert Bosch Krankenhauses" finanziert.