Hallo, ich bin Fabian Ziehe und arbeite als Redakteur und Reporter beim Studio Stuttgart. Auf meinem Weg zur Arbeit im Stuttgarter Funkhaus bin ich dieses Mal noch kurz beim Landeskriminalamt BW vorbeigeradelt. Um mir dort von einem spektakulären Drogenfund erzählen zu lassen. Zu dem es ein, wie ich finde, sehr unterhaltsames Video gibt. Und dann war da ja noch was vor 22 Jahren... aber lest und seht einfach selbst!
- Die Story: Wie kommt das LKA zu Paletten vollen Kokain?
- Die Erklärung: Wie wird man 15 Tonnen Koks los?
- Das Voting: Was denkt Ihr zum perfekten Schmuggel?
- Der Rückblick: Welchen Coup landeten vor 22 Jahren drei Müllwerker?
- Die Tops: Was wurde diese Woche in der Region Stuttgart gelesen?
Paletten voller Kokain und ein großer Coup der Polizei
"Ich kam von Frankfurt nach Berlin, drei Koffer voll mit Kokain", der Hannes-Wader-Song von 1972 wirkt etwas überholt: Echte Drogenkuriere von heute lachen über solch lächerliche Mengen nur. Jüngst waren es in Summe 35,5 Tonnen Koks, also Kokain, die das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg zusammen mit Ermittlerkolleginnen und -kollegen aus Nordrhein-Westfalen und vom Zollfahndungsamt Stuttgart nun sichergestellt hat - in Kooperation mit weiteren internationalen Partnern. Acht Festnahmen gab es. Auch Waffen, Geld, Autos und Bling-Bling wurden eingezogen.
Nach Rekord-Kokainfund in Hamburg BW-Ermittlern gelingt Schlag gegen mutmaßliche Drogenhändlerbande
Einen Rekord-Drogenfund von mehr als 35 Tonnen Kokain haben Ermittler vergangenes Jahr gemacht. Im Rahmen der Ermittlungen leiteten Behörden aus BW Razzien in sieben Bundesländern.
Wie wir im SWR hat Anfang der Woche die ganze Republik über den Coup der "Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift Stuttgart und Karlsruhe" berichtet. Schließlich ist es LKA und Zoll zufolge die bislang größte sichergestellte Gesamtmenge in einem deutschen, vermutlich sogar in einem europäischen Ermittlungsverfahren. Wobei drei Tonnen bereits in Ecuador, weitere acht Tonnen im Hafen von Rotterdam und "nur" 25 Tonnen im Hamburger Hafen sichergestellt werden konnten. Und nach Stuttgart kamen 15 Tonnen. Das war im Sommer 2023.
Das kriminaltechnische Labor des LKA BW hat sich den Fund seither genau angeschaut: Welche Qualität hat es, welche Spuren findet man zur Herkunft des Kokains. "In der Regel ist das Material aus Südamerika auch mit Trackern versehen", erklärt LKA-Pressesprecher David Fritsch. Die Banden wollen schließlich wissen, wo ihr Stoff unterwegs ist. Auch diese verbaute Technik wird nun analysiert.
LKA-Pressesprecher David Fritsch erklärt die Bedeutung des Drogenfunds und wieso man das Kokain nach Stuttgart gebracht hat:
Es gibt also noch viel zu ermitteln. Zumal auch etliche Datenträger bei den bundesweiten Festnahmen beschlagnahmt wurden. Das hilft bei weiteren Ermittlungen, bei denen tatsächlich Spürnasen gefragt sind. Auf die Spur des Drogenrings kamen Polizei und Zoll bei der Durchsicht von Einfuhr-Dokumenten aus Südamerika. Da sollte eine Lieferung mit Kernseife nach Mannheim gehen, wobei sich die Frage stellte, ob eine solche Lieferung wirtschaftlich überhaupt Sinn ergibt. Dann stellte sich auch noch heraus, dass die Lieferung an eine Briefkastenfirma gehen sollte. Grund genug für die Ermittler, sich die Fracht genauer anzuschauen. So fanden sie in den Übersee-Containern die Drogenpäckchen, versteckt unter Obstkisten und normaler Handesware.
Ein Teil des Stoffs wurde gleich in Rotterdam und Hamburg verbrannt. Da wie gesagt zur näheren Untersuchung auch Stoff nun nach Stuttgart gebracht wurde, musste es eben auch dort vernichtet werden. Das dokumentierte man alles per Video. Entstanden ist so ein unterhaltsamer Film in bester Netflix-Optik, ein wenig martialisch und voller Stolz ob des Coups. Übertitelt wurde es mit "Operation Plexus", also mit dem Namen der ganzen Ermittlungskomplexes. Wobei Plexus "Geflecht" meint - und, so interpretiere ich das mal, das Netzwerk der Drogenbande und auch das Netzwerk der Ermittler meint - beides sehr international. Und: Ein Schlag in den Solarplexus, also in den Bauch, knockt den Gegner bekanntermaßen aus. Bämm! Also: ein cooler, vielschichtiger Titel für einen lässigen Film.
Wir sehen also: Massen an Koks, extrem lässige und schwer bewaffnete Cops, massiv gesicherte Konvois, Polizeimotorräder in perfekter Formation und einen Polizeipanzer - eine Rückholaktion der Drogen-Gangster sollte unter allen Umständen verhindert werden. Gabelstabler verladen zudem Paletten mit den säuberlich gestapelten, silbernen Päckchen in einen Laster. Und zuletzt: eine Müllverbrennung. Welche genau es ist, sagt das LKA nicht, Restmüllheizkraftwerke gibt es in Stuttgart-Münster, in Böblingen und in Göppingen. Eben ersteres ist quasi nur einen Katzensprung vom LKA entfernt. Es ist die Abfallverbrennungsanlage des EnBW-Heizkraftwerks Münster.
LKA-Pressesprecher David Fritsch erläutert, wie das LKA mit der großen Menge an Kokain umgegangen ist.
Kokain - das etwas andere Koks zum Verfeuern
Sollten tatsächlich dort die Paletten voller Koks verbrannt worden sein, gingen sie im allgemeinen Inferno ziemlich unter: Rund eine halbe Millionen Tonnen Hausmüll, Sperrmüll, Klärschlamm und weiteres werden dort jedes Jahr verbrannt. Okay, etwas Strom und Fernwärme sollen für die Stuttgarter schon herausgesprungen sein. Es war allerdings teure Energie, hätten alle 35,5 Tonnen zusammen doch einen Verkaufswert von 2,6 Milliarden Euro, so Fritsch. Und der tatsächliche Brennwert von weißem Koks sollte deutlich unter dem schwarzen aus Steinkohle liegen. Wer übrigens meint, damit hätte man die Kokain-Szene nun trockengelegt, irrt: Auf der Straße werde man das Fehlen des Stoffs kaum bemerken, sagt Polizeisprecher Fritsch. Für das Drogen-Netzwerk selbst allerdings ist der wirtschaftliche Schaden massiv, davon könne man ausgehen.
Doch warum braucht es diese Menschen in ihren weißen Overalls, die den Stoff letztendlich in die Müllverbrennung schicken? Nun, zum einen braucht es das "Vier-Augen-Prinzip" - kein Stoff darf auf dem Weg abhanden kommen, schon jedes Päckchen alleine ist ein kleines Vermögen wert. Zum anderen müssen die Beamtinnen und Beamten geschützt werden - immerhin verbrennt man da einen gefährlichen, schon in kleinen Mengen giftigen Stoff. Die moderne Müllverbrennungsanlage hat natürlich allerlei Filter und Technik, die alles Bedenkliche nach dem Verbrennen abfangen, bevor es durch den Schornstein geht. Aber innerhalb der Anlage will man dann noch lieber auf Nummer sicher gehen.
Nachdenken über den perfekten Schmuggel - und ihr so?
Sicherlich wollte von uns noch niemand silberne Päckchen von Südamerika nach Deutschland schmuggeln. Aber vielleicht ein paar Zigaretten, ein Parfüm, ein günstig geshopptes Handy? Wir sind ja unter uns: Wer von Euch hat sich schon mal insgeheim überlegt, wie er todsicher den Zoll überlisten kann? Wer hat es gewagt?
Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ. (Und ist auch nicht ganz ernst gemeint.)
Letztes Mal wollten wir von euch wissen, für welchen Damm ihr euch am ehesten begeistern könnt. Die meisten (47,6 Prozent) haben geantwortet: "Ich halte mich an die Natur: Der Biber baut die besten Dämme und dabei sollten wir es belassen."
Ein Drogen-Coup der anderen Art vor 22 Jahren
Das LKA also will sicherstellen, dass alles verbrannt wird, klar. Denn: Da war ja vor 22 Jahren so eine Geschichte mit drei Müllwerkern, die sich ihre Kenntnis von der Anlage und die Nachlässigkeit der Beamten zunutze gemacht haben: Die drei Mitarbeiter eben der Abfallverbrennungsanlage in Stuttgart-Münster im Alter zwischen 29 und 42 Jahren hatten sich nämlich nach einem Besuch des LKA zur Verbrennung beschlagnahmter Drogen an der Revisions-Luke der Anlage zu schaffen gemacht. Sie zogen wohl gut vier Kilo Haschisch wieder raus. Einem Artikel der "Stuttgarter Zeitung" vom Gerichtsverfahren zufolge sei ihnen auch Kokain in die Hände gefallen - das hätten sie allerdings wieder zurück in die Brennkammer geworfen.
Fortan hatten die drei, die gerne in ihrer Freizeit kifften, wohl ein hübsches Leben - bis die Polizei einen Tipp bekam, sie erst observierte und dann einsammelte. 3,7 Kilo Haschisch wurden noch sichergestellt. Gut für das Trio: Sie hatten wohl nicht versucht, den Stoff zu vertickern. So gab es am Ende nur Bewährungsstrafen von bis zu 21 Monaten. "Nachahmungstäter dürfte es kaum geben: Die Polizei hat die Luke jetzt ganz genau im Auge", schrieb Zeitungskollege Wolf-Dieter Obst am Ende seines Gerichtsberichts. Und das sei auch bis heute so, versichert LKA-Sprecher Fritsch.
Und nun? Nun, wer mit Hannes Wader einsteigt, kann ja mit Konstantin Wecker aussteigen. Bekanntlich hat der Münchner Barde ja bis in die 90er-Jahre selbst so seine Erfahrungen mit Kokain gemacht und saß dafür in München-Stadelheim ein. Seine Erfahrungen mit dem Stoff hat er in seinem Lied "Kokain" verarbeitet - der Refrain lautet so: "Hol mich raus, ich kann nicht mehr, alles Leichte wird so schwer, und was gilt, das geht dahin. Kokaiiiiiiiiin! Kokain." Wobei ich statt "was gilt" immer "das Geld" verstanden habe, aber das stimmt ja auch. Jedenfalls seien uns die Zeilen bei allem Amüsement ein warnender Abschluss.
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