Hitzige Debatten

Wochenrückblick Region Stuttgart: Brauchen wir Tempo 30 auf den Straßen?

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Thomas Fritzmann
Thomas Fritzmann

Seit einem tödlichen Unfall in Esslingen wird wieder über ein Tempolimit diskutiert. ADAC-Sprecher Julian Häußler erklärt, was aus seiner Sicht hilft und was nicht.

Wenige Fragen werden in Deutschland so heiß diskutiert wie die um ein Tempolimit. Ob ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen oder Tempo 30 in Innenstädten. Umweltschutz und Sicherheit sagen die einen, die anderen verweisen auf Freiheitsrechte und Eigenverantwortung. In der Region Stuttgart kam die Diskussion im Anschluss an einen tödlichen Unfall in Esslingen wieder auf. Wie sehr das Thema bewegt, wurde schnell deutlich. Einige Menschen wandten sich an den SWR. Wie blicken die Menschen auf Tempo 30? Wo wird es bald eingeführt? Und was bringt ein Tempolimit? Alles im Wochenrückblick.

Anwohnerin fordert Tempo 30 in der Schwabstraße

Im Anschluss an die Berichterstattung zum Unfall in Esslingen haben uns mehrere Mails und Kommentare von Zuschauerinnen und Zuschauern erreicht. Darunter auch die Mail einer Mutter mit zwei Söhnen, die in der Stuttgarter Schwabstraße wohnt. "Wir haben täglich Sorge um die Verkehrssicherheit", schrieb die Mutter. "Aus dem Schwabtunnel kommen ständig Autos gerast, außerdem ist der Gehweg viel zu schmal."

Sie habe sich an die Stadt gewandt, jedoch ohne Erfolg. "Mich ärgert es so sehr, dass nicht an die Sicherheit der Kinder gedacht wird", ergänzte die Mutter. Ihr Eindruck: "Die Verwaltung ordnet alles dem Recht auf freie, schnelle Durchfahrt unter."

In Esslingen-Weil haben sich am Dienstag mehrere hundert Menschen für einen Trauermarsch getroffen.

"Der genaue Unfallhergang ist noch gar nicht ermittelt und in Zeiten, in denen Menschen immer weitere Wege zur Arbeit in Kauf nehmen, sollte auf Hauptstraßen kein Kriechverkehr gelten", schrieb ein Kommentator unter einem SWR-Artikel. "Ich bin für Tempo 40 - und in Zonen mit vielen privaten Haushalten auch für Tempo 30 aus Lärmschutzgründen."

"Tempo 30 und 40 aus Lärmschutzgründen ist Unsinn", antwortete ein weiterer Kommentator.

Haltet ihr ein Tempolimit von 30 in Städten für sinnvoll?

Vergangene Woche haben wir euch gefragt, ob ihr eine Bank überfallen würdet. Die meisten Stimmen (48,7%) erhielt die Antwort: "Banküberfall? Wieso sollte ich... ich versuche es lieber mit Steuerhinterziehung."

Tempo 30 im Faktencheck mit dem ADAC

"Klare Vorteile vom Tempolimit sind, dass der Bremsweg kürzer ist und die Energie beim Aufprall geringer ist", erklärte Julian Häußler vom ADAC Württemberg im SWR-Interview. "Das heißt, dass bei einem Unfall die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass die Auswirkungen gravierend sind", führte Häußler aus. Pauschal bedeute das aber nicht, dass Tempo 30 eine grundlegend sinnvolle Maßnahme ist.

"Es müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden", sagte Häußler. "Die meisten Unfälle passieren an Kreuzungen und bei Ein- und Ausfahrten. In der Regel ist die Geschwindigkeit in diesen Momenten sowieso gering." Vielversprechender als ein Tempolimit sind aus Sicht von Julian Häußler andere Maßnahmen. "Beispielsweise indem die Straßen so gebaut werden, dass man gar nicht so schnell fahren kann und indem man Kreuzungen besser einsehbar macht."

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Mehr Sicherheit, weniger Lärm: In Baden-Württemberg gibt es immer mehr 30er-Zonen. Das Verkehrsministerium will innerorts am liebsten überall Tempo 30. Der ADAC sieht das kritisch.

Ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde kann aus seiner Sicht besserer eingesetzt werden, um den Verkehr zu lenken. In Wohngebieten, in denen der Verkehr gering bleiben soll, könne beispielsweise ein Tempolimit von 30 eingeführt werden. "Wenn dann gleichzeitig auf der Hauptverkehrsachse ein Tempo von 50 oder auch mehr möglich ist, kann ich den Verkehr deutlich effizienter steuern", erklärte der ADAC-Sprecher. "Das trägt dann auch zur Sicherheit und Lebensqualität im Wohngebiet bei."

ADAC Württemberg: "Es kommt auch auf den Fahrer bzw. die Fahrerin an"

Auf einen Kommentator, der schrieb, dass ein Tempolimit bei Thema Lärmschutz nicht hilft, antwortete Häußler: "Da ist schon etwas Wahres dran. Es kommt auf die Fahrweise an." Sowohl im Hinblick auf den Lärm als auch auf die Abgasentwicklung sei es wichtig, gleichmäßig und in einem möglichst hohen Gang zu fahren.

"Vor allem wenn man schnell beschleunigt und in einem niedrigen Gang fährt, dann wird der Motor laut. Ein Fahrzeug, das zwar Tempo 30 fährt, das allerdings in einem niedrigen Gang, kann dadurch lauter sein als ein Auto das 50 fährt, dafür aber in einem höheren Gang." Bei gleichem Motorgeräusch sei Tempo 30 dennoch leiser als Tempo 50. "Das liegt schlicht am Abrollgeräusch der Reifen. Das ist bei 30 leiser als bei 50", ergänzte Häußler.

Ob ein Tempolimit in der Weilstraße in Esslingen, auf der eine Frau und ihre Söhne bei einem Unfall starben, sinnvoll ist, konnte Julian Häußler nicht beantworten. "Diese Entscheidungen sind so vielfältig und vielseitig, da gibt es keine pauschale Antwort."

Aus Sicht der Esslinger Stadtverwaltung wäre es rechtlich nicht möglich, in der Straße ein Tempolimit von 30 einzusetzen. Esslingens Oberbürgermeister, Matthias Klopfer (SPD) erklärte auf SWR-Anfrage bereits, dass er sich für ein grundsätzliches Tempolimit von 30 Km/h innerorts einsetzt. "Tempo 50 sollte aus meiner Sicht die Ausnahme sein."

Mehrere Stadtteile in Stuttgart führen Tempo 30 bei Nacht ein

In Stuttgart-Hedelfingen, -Möhringen und -Zuffenhausen wurde an vielen Straßen bereits in diesem Jahr ein Tempolimit von 30 Km/h bei Nacht eingeführt. An einigen weiteren soll es 2025 folgen. Diese Entscheidung sei getroffen worden, da die Ampelanlagen für die neue Höchstgeschwindigkeit neu programmiert werden müssten. Die Maßnahme sei ergriffen worden, um der Lärmbelastung entgegenzuwirken.

In den Stadtteilen Feuerbach, Obertürkheim, Untertürkheim und Vaihingen werden laut Stadtverwaltung aktuell noch Lärmgutachten erstellt. Die Ergebnisse sollen im Frühjahr 2025 bereitstehen. Dann werde entschieden, ob auch in diesen Stadtteilen in Zukunft Tempolimits gelten.

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