Sternekoch Vincent Kling verbindet in seinem Restaurant in Stuttgart seit Jahrzehnten regionale Küche und Haute Cuisine. Dabei müsse man sich seiner Kundschaft anpassen, sagte Vincent Klink im neuen SWR-Videopodcast "Zur Sache intensiv". Restaurants, die extrem ausgefallene Sachen machten - Schäumchen nur auf einem Baum drapiert - funktioniere vielleicht in New York, in Baden-Württemberg gäbe es die Gäste dafür aber vermutlich nicht. "Die Schwaben haben ein gutes Gefühl dafür, was Show und was echt ist," so Klink.
Deshalb wurde der 75 Jahre alte Koch, der unter anderem in einem Nobel-Restaurant in München gelernt hat, mit den Jahren immer rustikaler, ohne dabei Sorge um seinen Michelin-Stern zu haben. Immer mehr Speisen, die zur Sterneküche gezählt werden, habe er weggelassen: "Kaviar, Hummer, Gänseleber und Kaninchen - unter anderem auch wegen des Tierschutzes", erzählt Klink. Nun gebe es eben Rindsroulade oder Bratwurst auf höchstem Niveau. "Es gibt Leute, die kommen nur wegen dem Schweinekotelett von der Autobahn."
Wenn das Feine perfekt wird, wird es auch emotionslos
In der Sterneküche hat sich laut Klink ein ganz bestimmter Standard entwickelt, was unter "edel" verstanden wird. Das komme daher, dass viele andere kopierten, aus Sorge, ihren Stern wieder zu verlieren. "Mit diesem Standard quälen sie sich aber nur selbst, weil das von Michelin gar nicht so vorgesehen ist." Als Drei-Sterne-Restaurant könne man auch jederzeit etwas Traditionelles wie Kalbskopf machen, so Klink: "Man muss dem dann natürlich eine raffinierte Note dazugeben und kann das nicht einfach auf den Teller hauen", erklärt Klink. Selbst das einfache Butterbrot könne in der richtigen Qualität täglich schmecken, genauso wie Spaghetti.
Fein sei ein Restaurant nur, wenn die Kundschaft auch fein sei und nicht, weil es so viel Zauber mache. Klink, der in Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) aufgewachsen ist, findet, dass ein Gastwirt auch immer eine lockere Stimmung schaffen sollte, die nicht zu steif ist. Genauso in der Küche: "Wenn man was Feines macht, neigt man dazu, es überfein zu machen. Und dann wird es perfekt, aber es wird kalt - die Emotion nimmt ab." Deshalb sei die Mischung mit etwas Derbem genau das Richtige. Aber Kundschaft, die zu viel "Rambazamba" wolle, mache den Spitzenkoch-Job natürlich auch nicht leicht.
Klink über Qualität: Spätestens das Aufstoßen zeigt die Wahrheit
Das Derbe und Feine hat sich bei Vincent Klink immer wieder im Leben verwoben: durch die Koch-Laufbahn, weil es der Vater so wollte - und die Liebe zur Küche, die er dann durch seine Frau erst so richtig fand. Oder im Schwäbischen, das, wie Klink findet, nicht nur direkt und derb sein kann, sondern auch feine freundliche Schlupflöcher bietet. Das Derbe hört für Vincent Klink nur beim Knoblauch auf. Den liebe er so gar nicht, außer, wenn alle ihn zusammen essen. "Denn spätestens das Aufstoßen zeigt die Wahrheit", wenn es um die Qualität von Lebensmitteln gehe.