Knapp eine Woche nach dem Tötungsdelikt in Esslingen erhebt Hausbesitzer Rolf Seufferle schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat laut Deutscher Presse-Agentur inzwischen die Staatsanwaltschaft Heilbronn beauftragt, die Vorwürfe zu überprüfen. So soll ein Interessenkonflikt vermieden werden. Zunächst werde geprüft, ob ein Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung vorliege und ob ein formales Ermittlungsverfahren einzuleiten sei.
Der Vater des getöteten 31-jährigen Luca und Besitzer des zerstörten Hauses, Rolf Seufferle, schilderte im Gespräch mit dem SWR seine Sicht der Ereignisse:
Ein 61-jähriger Mann, ein Mieter im Haus, soll am vergangenen Donnerstag erst Seufferles Sohn, Luca, erschossen und dann Feuer gelegt haben. Danach soll er sich selbst getötet haben. Bei dem Brand wurde die Verlobte von Luca schwer verletzt. Sie war aus dem Fenster gesprungen, um sich vor dem Feuer zu retten. Sie liegt derzeit mit schweren Brandverletzungen in einer Klinik. Das Haus musste fast komplett abgerissen werden.
Hausbesitzer Seufferle hat am Tag der Tat Schüsse gehört und seinen Sohn später tot aufgefunden. "Das war der fürchterlichste Augenblick in meinem Leben", erzählt er am Dienstag im Gespräch mit dem SWR.
Hausbesitzer: Mutmaßlicher Täter war polizeibekannt
Laut Seufferle gab es bereits im Vorfeld Probleme mit dem mutmaßlichen Täter. "Das ging über Jahre", so der 76-Jährige. Seufferle hatte das Haus in der Esslinger Innenstadt vor etwa neun Jahren gekauft. Damals habe der mutmaßliche Täter bereits als Mieter in dem Haus gelebt. Er sei wunderlich gewesen, aber freundlich, erinnert sich Seufferle.
Als die Verlobte von Sohn Luca ins Haus gezogen sei, sei die Stimmung gekippt. Seufferle berichtet von Beleidigungen, von Beschimpfungen und Morddrohungen. Einmal habe der Mieter die Freundin von Luca sogar gewürgt. Die Würgemale seien damals dokumentiert worden, gegen den Mieter sei Anzeige erstattet worden. Konsequenzen hätte der Angriff aber keine gehabt. "Es ist nichts passiert", so Seufferle.
Gericht gab Antrag zur Zwangsräumung statt
Die Beleidigungen gingen weiter, auch Besucherinnen und Besucher des Hauses seien von dem 61-Jährigen beschimpft und beleidigt worden. Die Polizei sei mehrfach vor Ort gewesen, der Mieter galt als gewalttätig, als Pöbler. An der Situation habe sich aber nichts geändert.
Wegen der ständigen Beleidigungen und Drohungen habe Seufferle schließlich eine Zwangsräumung beantragt. Diesem Antrag hat das Esslinger Amtsgericht im vergangenen Jahr schließlich zugestimmt. Laut Seufferle habe der Mieter eine einjährige Frist bekommen, um die Wohnung zu räumen. Der 61-Jährige habe Einspruch dagegen eingelegt, sowohl vor dem Amtsgericht als später auch beim Stuttgarter Landgericht - beide Einsprüche wurden abgelehnt.
Zwangsräumung mit Polizei geplant
Die Zwangsräumung war mit Polizeischutz geplant. Einen Tag vor der Tat war deswegen auch ein Zivilpolizist im Haus, um sich die Gegebenheiten vor Ort anzuschauen.
Mutmaßlicher Täter soll Tat angekündigt haben
Im August hat ein ehemaliger Mieter Seufferle nach eigenen Angaben bereits vor der Gewaltbereitschaft des Mannes gewarnt. Demnach habe der 61-Jährige dem anderen Mieter erzählt, dass er Seufferles Sohn und dessen Verlobte umbringen würde, wenn er ausziehen müsste. Danach würde er das Haus anzünden. Der mutmaßliche Täter habe dem anderen Mieter dann auch eine selbst gebastelte Waffe gezeigt und damit geprahlt, dass er auch Brandsätze hätte.
Als Seufferle davon erfahren habe, sei er zur Polizei gegangen. Die habe sich das Ganze auch noch einmal von Seufferles ehemaligem Mieter bestätigen lassen. Aber auch danach sei nichts unternommen worden. Laut Seufferle habe die Polizei gesagt, dass sie keinen Durchsuchungsbeschluss bekommen würden, da die Aussage des 61-Jährigen gegenüber dem ehemaligen Mieter schon zu lange her sei.
In den Wochen vor der Tat hätten die Drohungen immer weiter zugenommen, erzählt Seufferle weiter. Zuletzt hätten er, sein Sohn und dessen Verlobte einen anderen Eingang benutzt, um in ihre Wohnungen zu kommen.
Hausbesitzer hofft auf bessere Reaktion der Staatsgewalt
Der Hausbesitzer hat bisher nichts von der Polizei gehört. Nach der Tat sei er von seinen Freunden aufgefangen worden, habe eine Wohnung und Kleidung bekommen. "Weil ich ja nichts mehr habe", sagt Seufferle. Auch der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) hat Seufferle eine Wohnung angeboten.
Der 76-Jährige ist dankbar für die Solidarität und hofft, dass sich eine derartige Tat nicht wiederholt. Er würde sich wünschen, dass "die Staatsgewalt sensibler reagiert, durchsetzungsfähiger reagiert". Seufferle kann nicht verstehen, wieso bei dem Mieter damals keine Durchsuchung angeordnet werden konnte. Deswegen wendet er sich an die Öffentlichkeit. Um so vielleicht ein Leben zu retten und damit "das Ensetzten, das ich erlebe, anderen Leuten erspart wird", so Seufferle.