Als verschlafen, träge und satt hatte Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) die Region Stuttgart vor Kurzem bezeichnet - und direkt einen Konter von Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) bekommen. Im SWR-Interview erklärte Oettinger nun, was er mit der Kritik meinte.
"Es gibt wenig Vision und viel Zufriedenheit in Baden-Württemberg und in der Metropolregion Stuttgart", sagte Oettinger. "Dabei sind wir nicht mehr an der Spitze." Die Region Stuttgart liege nicht mehr vorne bei Bildung und Forschung, und auch die wirtschaftliche Zukunft sei gefährdet.
Streit unter Parteifreunden Ist Stuttgart zu träge und satt? Nopper kontert Oettinger
Verschlafen, träge und satt - so hatte Ex-Ministerpräsident Oettinger Stuttgart vor Kurzem bezeichnet. OB Nopper lobt hingegen die Entwicklung der Stadt - und lädt Oettinger ein.
Verschwindet Stuttgart in der Bedeutungslosigkeit?
"Ich gebe Ihnen ein Beispiel", so Oettinger: "Die Dieter-Schwarz-Stiftung in Heilbronn fördert die Hochschule Heilbronn in Forschung, Bildung und mit Betreuung. Aber die Partneruniversitäten der Hochschule liegen nicht in Stuttgart, Heidelberg oder Tübingen. Nein, es sind die Technische Uni München und Unis in Cambridge, Oxford, Zürich und Tel Aviv."
Die Trägheit der Region Stuttgart spiegele sich auch in der Medienlandschaft wider. "Ich habe jahrelang die 'Stuttgarter Zeitung' und die 'Stuttgarter Nachrichten' gelesen. Die fallen zurück." Damals sei sie auch in der ehemaligen Hauptstadt der Bundesrepublik, Bonn, gelesen worden, heute lese in Berlin niemand mehr die "Stuttgarter Zeitung".
Stuttgart keine Wirtschaftsregion mehr?
Ebenso sei es in der IT-Branche. "Da sind die Ansiedlungen in München. Microsoft, Apple, Huawei. Stuttgart war mal mit HP und IBM die Nummer Eins." Auch von der Stuttgarter Kliniklandschaft ist Oettinger nicht überzeugt. In der Pandemie habe sich gezeigt, dass die führenden Kliniken in Berlin und anderen Städten vorne liegen.
Oettinger: "Wir müssen besser werden!"
"Wir müssen besser werden, als der VfB Stuttgart derzeit ist. Wir müssen exzellent werden", ergänzte Oettinger. Die Trägheit, die Oettinger anprangert, sei jedoch nicht einzig ein politisches Problem. "Es sind auch die Bürger. Dazu zähle ich mich auch. Wir müssen wieder spitze werden, und ich spüre keine Aufbruchstimmung."
CDU-Politiker gegen Konservatismus?
Die Lösung für Günther Oettinger ist klar: "Die Bürger und die Gesellschaft müssen in den Wahlen zeigen, dass sie nicht das Konservative verteidigen, sondern eine Reformagenda bis 2030 anstreben." Mit seiner Kritik bezieht sich der Christdemokrat unter anderem auf einen offenen Brief unterschiedlicher Organisationen, in dem eine Grundreform gefordert wurde. Dort schrieben mehrere Gemeinden und Betriebe, dass sie die Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs und der Region Stuttgart gefährdet sehen.
Auf Nachfrage, ob eine anti-konservative Haltung nicht gegen seine eigene Partei ginge, antwortete Oettinger: "Konservatismus, für den die CDU steht, hat doch nichts mit Strukturveränderungen zu tun." Beispielsweise stünde auch er für Baurechtsreformen, damit Bauanträge schneller bearbeitet und Schienen oder Immobilien schneller gebaut würden.
Treffen mit OB Nopper in Stuttgart
Stuttgarts Oberbürgermeister Nopper konterte am Dienstag. Oettinger sei die dynamische Entwicklung Stuttgarts entgangen. Er lud den Ex-Ministerpräsidenten zu einer Tour durch Stuttgart ein, um einen "Eindruck von der Stuttgarter Wirklichkeit zu bekommen". Oettinger will der Einladung folgen.