In ihrem Wohnzimmer in Neckartenzlingen (Landkreis Esslingen) hat Waltraud Hoyer große Plastikboxen mit Papphäuschen und in Streifen gerissenem Zeitungspapier stehen. Dort beherbergt sie vier Igel-Kinder, die in der Umgebung gefunden wurden. Alle verwaist, krank und viel zu klein, um allein überleben zu können. Zu ihren Pflegegästen gehört momentan ein Albino-Igel-Mädchen. Sie hat es "Schneewittchen" getauft. Albino-Igel sind ziemlich selten.
Albino-Igelmädchen Schneewittchen wog nur 150 Gramm
Schneewittchen sei wahrscheinlich erst gegen Ende September auf die Welt gekommen und im Oktober dann geschwächt und krank gefunden worden, erzählt Hoyer. Mit 150 Gramm Gewicht habe der Finder sie bei ihr abgegeben. Das sei viel zu wenig, um selbständig über den Winter zu kommen. Igel brauchen ein gewisses Fettpolster für den Winterschlaf. Der dauert normalerweise von November bis März. 500 bis 600 Gramm seien Minimalgewicht, sagen die Experten. Schneewittchen hat inzwischen die 600-Gramm-Marke geknackt.
Kleine Igel brauchen vor allem viele Proteine
Waltraud Hoyer füttert ihre kleinen Waisen über eine Pipette mit hochwertigem Nassfutter für Katzen. "Die Igel brauchen Proteine, Proteine, Proteine!", sagt sie. Einer ihrer Findlinge, ein 150-Gramm-Leichtgewicht, frisst so eifrig, dass man ihn schmatzen hören kann. Sobald die Igel ausreichend Gewicht zugelegt haben und sobald es draußen dauerhaft kälter als 5 Grad ist, kommen sie in geschützten Häuschen zum Überwintern auf den Balkon. Im Frühjahr werden die Igel wieder etwas gepäppelt und dann ausgewildert - auch das Albino-Igelchen Schneewittchen.
Albino-Igel sind in Freiheit überlebensfähig
Während bei anderen Tierarten die Albinos in der freien Wildbahn oft gefährdet sind, weil sie wegen der schlechten Tarnung eher Beute von Raubtieren werden und die Anfälligkeit für Krankheiten höher ist, haben Albino-Igel keine Probleme. Sie werden durch Erde und Staub so dreckig, dass sie kaum anders aussehen als ihre normalen Artgenossen. Auch die lichtempfindlichen roten Augen behindern sie nicht, denn Igel sind nachtaktiv. Weiße Igel sind zwar selten, aber da sie immer wieder mal auftauchen, sind die Experten von ihrer Überlebensfähigkeit überzeugt.
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Für viele Tierarten nähert sich die Zeit des Winterschlafs. Auch Igel leben dann von ihrer Speckschicht. Doch für viele von ihnen wird der vergangene Sommer zum Problem.
Lebensraum für Igel nicht zerstören
Waltraud Hoyer engagiert sich im Natutschutzbund NABU und kümmert sich schon seit 17 Jahren um verwaiste, verletzte und kranke Igel. Damals hatte ihr jemand einen schwerkranken Igel gebracht und um Hilfe gebeten. Sie fürchtete schon, der Igel sterbe, hat sich so schnell wie möglich kundig gemacht - und den Igel durchgebracht. Seitdem wächst ihr Wissen, und seitdem wächst auch die Zahl der Igel-Patientinnen und -Patienten, die ihr gebracht werden.
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Sie würde sich wünschen, dass die Menschen sich mehr Wissen über Igel aneignen, um den Lebensraum der Stacheltiere nicht zu zerstören. So ein Tier brauche eine Vielfalt an Pflanzenarten und ein geschütztes Nest unter Sträuchern. In Schottergärten sei das nicht zu finden. Und damit Igel nicht mehr beispielsweise beim Mähen verletzt oder gar getötet werden. Ihre Pflege-Igel werde Hoyer im kommenden Frühjahr auf alle Fälle dort auswildern, wo die Tiere perfekte Lebensumstände finden.