Der geplante Bau eines neuen Pflegeheims in Stuttgart-Weilimdorf scheitert möglicherweise an einem Streit zwischen der Stadt Stuttgart und der Evangelischen Heimstiftung. Diese beklagt, die Stadt wolle Auflagen erfüllt haben, die mit zu hohen Kosten verbunden wären. Die Stadt entgegnet, wer auf einem städtischen Grundstück bauen wolle, müsse zurecht in hoher Qualität bauen, gerade bei einem Pflegeheim.
Stiftung: Baukosten sind ohnehin schon hoch
Im Kern des Konflikts geht es darum, dass die Stadt auf geltende Regeln für den Bau auf städtischen Grundstücken verweist. Dazu gehört, dass der Bauherr oder die Bauherrin mehrere Angebote von Architekturbüros einholen muss. Das beste Konzept soll am Ende ein Preisgericht ermitteln. Von dieser sogenannten "Mehrfachbeauftragung" erhofft sich die öffentliche Hand - in diesem Fall also die Stadt Stuttgart - eine höhere Qualität der entstehenden Bauwerke. Die Evangelische Heimstiftung kritisiert jedoch, dass diese "Mehrfachbeauftragung" mit zu hohen Kosten verbunden sei.
Bei Großprojekten sei diese Vorgabe noch einzusehen, aber nicht beim Bau von Pflegeheimen, argumentiert Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung. Er gibt zu bedenken, dass die Baukosten ohnehin bereits stark gestiegen seien, was das wirtschaftliche Risiko eines neuen Pflegeheims erhöht habe - vom Risiko durch den Personalmangel bei Pflegekräften einmal abgesehen. Stuttgarts Stadtverwaltung sei aber bei den Auflagen sehr stur, kritisiert Schneider.
Heimstiftung: Andere Gemeinden sind lösungsorientierter
Die Heimstiftung teilt mit, sie bekomme aus ganz Baden-Württemberg viele Anfragen - sie baue aber nur, wenn vor Ort auch die Rahmenbedingungen stimmten, so die Stiftung. "Wir müssen merken, dass wir gewollt werden. In Stuttgart haben wir eher das Gefühl, es gibt Probleme. In anderen Gemeinden haben wir das Gefühl, da gibt es immer Lösungen", so Schneider. Und neue Pflegeheime werden dringend benötigt.
Ohne Diskriminierung alt werden In Stuttgart öffnet ein Pflegeheim für queere Menschen
In Stuttgart wird ein besonderes Seniorenheim eröffnet. Schwule, Lesben, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen sollen hier ohne Diskriminierung alt werden können. Ein bis jetzt einmaliges Projekt.
Die Stadt Stuttgart sagte wiederum dem SWR, sie sei bereits Kompromisse eingegangen: "Beim normalen Verfahren wird eine Mehrfachbeauftragung mit zehn Büros vorgegeben, wir sind auf fünf Büros gegangen", teilt eine Sprecherin mit. Außerdem habe die Evangelische Heimstiftung das auch so bereits bei ihrem Bauvorhaben in Bönnigheim (Kreis Ludwigsburg) umgesetzt - und die Auflage für den Bau in Weilimdorf sei der Stiftung schon von Anfang an mitgeteilt worden.
Stadt Stuttgart: Pflegeheime erfordern höchste Qualität beim Bau
Trotzdem zeigt sich die Stadt weiter flexibel, wenn auch in Maßen. "Ich könnte schon verzichten, wenn wir eine andere Qualitätssicherung bringen", sagt Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) über die kritisierte "Mehrfachbeauftragung". Denn es müsse sichergestellt werden, dass das Pflegeheim qualitätsvoll werde, da es auf einem städtischen Grundstück in einer bereits stark bebauten Gegend entstehen solle. "Wir bauen da Leuten was vor die Tür", erklärt Pätzold - und gerade die Stadt bekomme bei Architektur und Städtebau immer wieder den Vorwurf zu hören, das "sieht ja alles grausig aus".
Außerdem müsse gerade ein Pflegeheim in einer hohen Qualität gebaut werden, damit die Menschen sich dort wohlfühlen, "Gerade bei Pflegeeinrichtungen ist es wichtig, dass eine qualitätsvolle Architektur, eine gute Einbindung in die Umgebung und ein guter Freiraum den Bewohnerinnen und Bewohnern ein gutes Wohnumfeld geben", betont eine Stadt-Sprecherin. Und Baubürgermeister Pätzold gibt zu bedenken, Pflegebedürftige könnten schließlich nicht einfach in eine andere Einrichtung umziehen, wenn es ihnen in einer nicht gefalle.
Vertreter der Stadt signalisierten im SWR-Interview, man könne über die Rahmenbedingungen, die der Gemeinderat für städtische Grundstücke beschlossen habe, reden. Die Stadt hat außerdem den Verdacht, dass die Stiftung das Projekt wohl eher wegen der insgesamt gestiegenen Baukosten abblasen will. Die Stiftung wiederum entgegnet auf den Vorwurf, es hänge wirklich nur an der geforderten Mehrfachbeauftragung: Wenn sie entfalle, "dann sind wir gerne bereit, in Weilimdorf ein 45-Plätze-Pflegeheim zu bauen, in schönen Wohngruppen."