Otfried Preußler zählt zu den bekanntesten Kinderbuchautoren. In Deutschland sind 22 Schulen nach ihm benannt. Nun will sich das Gymnasium im bayerischen Pullach bei München von seinem berühmten Namensgeber trennen. Ende Januar hat die Schule einen Antrag auf "Rückbenennung" gestellt und möchte jetzt nur "Gymnasium Pullach" heißen. Der Grund dafür: Preußler habe als Jugendlicher einen Nazi-Roman geschrieben und sich später nicht ausdrücklich davon distanziert. Wie reagieren andere Otfried-Preußler-Schulen auf die Entscheidung in Pullach? Die Grundschule in Schorndorf-Miedelsbach (Rems-Murr-Kreis) hat über dieses Thema diskutiert.
Grundschule in Schorndorf will Otfried-Preußler-Schule bleiben
Die Otfried Preußler Grundschule Miedelsbach hat von den Plänen zur Umbenennung in Bayern erst durch die Presse erfahren. Eröffnet wurde die Schule 1964, den Namen des berühmten Kinderbuchautors bekam sie erst im Jahr 2014 – zum fünfzigsten Geburtstag des Schulgebäudes und nach dem Tod des Schriftstellers im Jahr 2013. Sich nun von Preußler zu distanzieren, stehe für die Schule nicht zur Debatte, so die Schulleiterin Birgit Palmer.
Neben der Schorndorfer Grundschule sind allein in Baden-Württemberg drei weitere Schulen nach dem Kinderbuchautor benannt. In Balgheim (Kreis Tuttlingen), in Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis) und in Wertheim (Main-Tauber-Kreis) besuchen Kinder und Jugendliche Otfried-Preußler-Schulen. Bislang liegen dem Kultusministerium Baden-Württemberg auch keine Anträge auf Namensänderungen von dort vor.
Debatte um Nazi-Roman aus Jugendzeit von Preußler
Bekannt ist: Preußler war in der Hitler-Jugend aktiv, hat mit 17 Jahren einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP gestellt und meldete sich dann freiwillig zum Kriegsdienst. In seinem systemtreuen Erstlingsroman "Erntelager Geyer", den er während des Zweiten Weltkrieges geschrieben hat, glorifizierte er die Hitler-Jugend. Das Buch stuften die Allierten nach dem Krieg als NS-Propagandaliteratur ein. In den späteren Werken Preußlers seien allerdings keine propagandistischen Anklänge zu finden, sagt Bärbel Dorweiler vom Thienemann-Esslinger Verlag.
Verhältnis zum Nationalsozialismus in Krabat aufgearbeitet
Mit seinen Werken wie "Der Räuber Hotzenplotz", "Die kleine Hexe" und "Das kleine Gespenst" hat Preußler Generationen von Kindern auf der ganzen Welt geprägt. Sein Roman "Krabat" gehört an vielen deutschen Schulen heute noch zur Standardlektüre. Inbesondere in diesem Buch habe Preußler sein Verhältnis zum Nationalsozialismus aufgearbeitet, erklärt Preußlers Hausverlag Thienemann-Esslinger.
Selbst sagte der Autor zu seinem Roman von 1971 knapp 20 Jahre später: "Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der sich mit finsteren Mächten einlässt, von denen er fasziniert ist, bis er erkennt, worauf er sich da eingelassen hat." Der einzige Ausweg daraus sei, sich durch einen festen Willen, die Hilfe von treuen Freunden und Liebe davon freizumachen.
Verlag: Preußler war kein Nazi
Auch wenn Otfried Preußler sich nicht explizit von seinen Jugendsünden distanziert hat, sei er definitiv kein Nazi, heißt es aus dem Thienemann-Esslinger Verlag. "Kann man jemanden, der gestorben ist, beurteilen nach einer Frage, die ihm persönlich nie gestellt wurde?" , fragt Bärbel Dorweiler in Bezug auf fehlende Kommentare des Autors zu seinem Jugendroman aus der NS-Zeit. Preußlers Biografie sei im Kontext seiner Zeit zwischen NS-Diktatur, Kriegsgefangenschaft und persönlicher Aufarbeitung zu betrachten.
Bayerisches Kultusministerium entscheidet über Namensänderung
Am Mittwoch sollen die Gemeinde Pullach sowie Stadt und Landkreis München, das sind die Träger des Otfried-Preußler-Gymnasiums in Pullach, über den Antrag des Gymnasiums abstimmen. Dieser geht dann an das bayerische Kultusministerium, das über eine Genehmigung entscheidet.