In Haslach gibt es seit kurzem eine 24-Stunden-Metzgerei. Der Betrieb läuft ohne Verkaufspersonal. Nur so kann die kleine Metzgerei bei Herrenberg überleben. Denn das Metzger-Handwerk hat es zunehmend schwer, viele Betriebe in Baden-Württemberg müssen ganz aufgeben.
Dass sich etwas verändern muss, darüber war sich Metzgermeister Klaus Gräther schon früh klar. Bereits vor der Pandemie hatte er Pläne geschmiedet, die Metzgerei mit einem Neubau zu vergrößern. Die gestiegenen Energiekosten und der Personalmangel machten das Vorhaben dann aber unmöglich. Doch die Gräthers wollten sich nicht unterkriegen lassen. Sohn Simon hatte schließlich die zündende Idee: eine Selbstbedienungs-Metzgerei. Und die komme richtig gut an. Seit der Umstellung verzeichnet der Familienbetrieb ein deutliches Umsatzplus. Die Verkaufspreise seien unverändert geblieben.
Einkaufen zu jeder Tages- und Nachtzeit
Die Gräthers haben für ihre Metzgerei nach einer Lösung gesucht, die zum Einkaufsverhalten der Kundschaft passt. Mehr Flexibilität sei gefragt, und die biete man jetzt mit der neuen "Rund-um-die-Uhr-Öffnungszeit". Seit dem 16. Juni ist der Laden immer offen, die Kühlregale sind immer gefüllt und die Selbstbedienungskasse ist immer bereit. Gezahlt werden kann sowohl mit Bargeld als auch mit Karte.
Einige Kundinnen und Kunden finden das neue Konzept toll: "Ich bin schwer begeistert, dass wir hier Grundnahrungsmittel und um die Uhr einkaufen können, das ist ein großer Vorteil", sagt eine Haslacherin beim Einkauf in der Selbstbedienungs-Metzgerei. "Ich gehe arbeiten, komme abends heim, dann ist der Laden zu. Und so kannst du jetzt auch nach Ladenschluss noch einkaufen gehen", so eine weitere Kundin. Manche vermissen allerdings den Kontakt mit dem Personal.
Mehr Plastikverpackungen, dafür weniger Wurstabfälle
Das Personal ist jetzt hauptsächlich "hinter den Kulissen" aktiv. Im Hinterraum wird nach wie vor alles frisch hergestellt und dann anschließend proportioniert in Folie verpackt. Ein Nachteil: Es fällt mehr Plastikmüll an. Wer beim Kauf auf die Plastikverpackung verzichten möchte, könne das aber weiterhin tun, so Bettina Gräther. Per E-Mail oder per extra programmierter App nimmt die Metzgerei auch Vorbestellungen entgegen. Hier können die Kunden nicht nur die gewünschten Mengen angeben, auch die Verpackung können sie wählen. Kundinnen und Kunden, die ihre Fleisch- und Wurstwaren in eigenen, wiederverwendbaren Gefäßen abholen möchten, bekommen die Bestellung im gesonderten "Abholkühlschrank" im Laden bereitgestellt.
An anderer Stelle wird der Abfall durch das Selbstbedienungskonzept jedoch weniger. Beim bisherigen Betrieb musste die Wurst in der Theke bis zu zweimal am Tag frisch angeschnitten werden, "weil durch Licht und Luft der Anschnitt vergraut", erklärt Klaus Gräther. Das habe bis zu anderthalb Kilo Wurstabfall pro Tag produziert. Jetzt wird direkt nach dem Aufschneiden verpackt - Wurstabfälle seien damit komplett passé. Das ist Gräther im Sinne des Respekts vor den Schlachttieren ein wichtiges Anliegen. Er bezieht für seine Metzgerei auch nur regional erzeugtes Fleisch. Und das wiederum schätzen die Kundinnen und Kunden, auch, wenn ihnen dafür eine Verkäuferin oder ein Verkäufer vorenthalten wird.