Dass die Metzgerei Geydan Gnamm mit Hauptsitz in Neu-Ulm nach 55 Jahren aufgibt, hatte sich vergangene Woche wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Mehr als 30 Jahre standen die Gnamms fast täglich im Laden, zu dem noch eine Filiale in Ulm und ein Catering-Service gehören. Die Läden sind zwar gut besucht. Doch der Familienbetrieb hat schon seit Monaten mit Umsatzeinbußen zu kämpfen.
Metzger Geydan Gnamm in Neu-Ulm: "Unsere schwerste Entscheidung"
Es sei wohl die emotionalste Zeit in ihrer Karriere, erzählt Petra Gnamm, Verkaufsleiterin und Chefin des Betriebes: "Wir trauern um unser Lebenswerk. Das ist 'unser Baby'. Ich habe den Betrieb von meinen Eltern übernommen und wusste, ich will nie was anderes machen. Ich möchte an keinem anderen Ort der Welt sein und liebe den Umgang mit unserer Kundschaft. Wir haben schon gelacht und geweint. Das war die schwerste Entscheidung unseres Lebens." Petra Gnamm führt den Traditionsbetrieb zusammen mit ihrem Mann Ralf.
Traditionsmetzgerei - Mitarbeitende zuerst informiert
Am schwersten sei es jedoch gewesen, die 60 Mitarbeitenden darüber zu unterrichten, wie es um den Betrieb steht, sagt Petra Gnamm und kämpft mit den Tränen: "Ich glaube, sie haben es aber schon geahnt. Wir hatten über zwei Jahre bei der ganzen Küchencrew Kurzarbeit. Und haben immer mit offenen Karten gespielt."
Starke Einbußen beim Catering
Seit der Coronazeit habe das Unternehmen mit starken Umsatzeinbußen gekämpft. In der Rückschau sagt Petra Gnamm, dass sich der Familienbetrieb seitdem nicht mehr finanziell erholt habe. Am gravierendsten sei der Einbruch beim Catering, dem Speisenbringdienst für Firmen und Privatleute: "Das ist unsere Haupteinnahmequelle, weil wir da ganz anders und größer kalkulieren können. Hier ist uns über zweieinhalb Jahre der Umsatz zu 50 Prozent eingebrochen."
Ralf Gnamm: "Wir produzieren fast alles selbst"
Jetzt machten dem Familienbetrieb vor allem die Preissteigerungen bei Energiekosten, im alltäglichen Bedarf und beim Einkauf der Rohware Fleisch zu schaffen, so ihr Ehemann, Fleischermeister Ralf Gnamm. Er ist zuständig für die Produktion. "Trotzdem war und ist uns Qualität enorm wichtig. Darauf setzt unsere Kundschaft. Wir stellen fast alles selbst her - bis auf die italienischen Spezialitäten."
Die Rohware Fleisch bezieht der Betrieb von einem Ulmer Frischfleischanbieter. Auch Salate, vegane Grill-Leckereien oder küchenfertige Mittagessen werden selbst hergestellt. Das schätzen viele Kunden, die zur Mittagszeit in den Laden strömen und die Entscheidung der Familie bedauern: "Sehr schade, ich komme seit über 20 Jahren hierher und kaufe Wurst und Fleisch. Und nun gibt es das bald nicht mehr", meint eine Frau.
Metzgerei in Neu-Ulm: "Wir wollten so nicht weitermachen"
Die Preise an der Verkaufstheke zogen zuletzt immer mehr an. Allein in den vergangenen drei Jahren - wenn auch in Etappen - um rund 20 Prozent, resümiert Petra Gnamm. "Viele unserer Kunden nahmen das in Kauf. Aber wir selbst wollten so nicht weitermachen. Bei 20 Prozent war für uns einfach Schluss."
Außerdem wollten die Gnamms ihrer Tochter, die ebenfalls im Unternehmen arbeitet, keinen Betrieb in Schieflage aufbürden. Da war sich das Ehepaar einig. Wie es jetzt weitergehe, wüsste er noch nicht genau, meint Ralf Gnamm. Das Gebäude in der Neu-Ulmer Ludwigstraße gehöre der Familie. Ob es nach der Schließung des Ladens weiterverpachtet wird, sei noch offen.