Hi, ich bin Philipp Pfäfflin, Redakteur im SWR Studio Stuttgart. Eine Meldung fand ich diese Woche besonders krass: Weil ein Schöffe bei einer Gerichtsverhandlung am Handy war, wird der Prozess auf Null gesetzt. Das heißt, fünf Verhandlungstage waren für die Tonne. Alle Zeuginnen und Zeugen müssen nochmals befragt werden. Da hat das Gericht durchgegriffen. Aber wie ist es andernorts? In Schulen, Unis, Zügen oder bei Konzerten? Was ist erlaubt? Wie geht man dort mit Handys um?
- Telefonieren im ICE-Ruhebereich nervt
- Handys im Krankenhaus: Erlaubt mit Ausnahmen
- Lehrer Blume: Handys sollten in der Pause tabu sein
- Uni: Daddeln auch während der Vorlesung erlaubt
- No-Phone-Konzerte sind die große Ausnahme
- Voting: Was denkt ihr?
Gegen drei Angeklagte wird neu verhandelt Wegen Schöffen am Handy: Prozess um Schüsse in Stuttgart geplatzt
Der Prozess gegen drei Angeklagte nach einer Schießerei im März 2023 in Stuttgart-Zuffenhausen ist geplatzt. Ein Schöffe gilt als befangen, weil er im Gericht am Handy war.
ICE: Telefonieren im Ruhebereich nervt
Handys gehören dazu. Sind allgegenwärtig. Aber trotzdem gibt es Orte, wo sie unerwünscht sind. Zum Beispiel in den Ruhebereichen in ICE-Zügen. Meint jemand dort trotzdem telefonieren zu müssen, nervt das. Denn dort gibt es eben keine Signalverstärker, der Empfang ist entsprechend schlecht. Das heißt, als Mitreisender muss ich mir Sachen anhören wie: "SCHLECHTER EMPFANG HIER. VERSTEHST DU MICH JETZT?"
Handys im Krankenhaus: Erlaubt mit wenigen Ausnahmen
Erinnert ihr euch? Früher musste man Handys im Krankenhaus abschalten - wegen der vielen medizinischen Geräte und einer möglichen Gefährdung durch die Handy-Signale. "Doch das ist lang her", sagt Alexander Tsongas, Sprecher der RKH Kliniken in Ludwigsburg. Heute seien Handys im Krankenhaus das Normalste der Welt - zum Telefonieren, Arbeiten, Spielen... Sowohl die medizinischen Geräte wie auch die Handys seien funktechnisch abgeschirmt, da passiere nichts.
Verboten sind Smartphones nur im OP‑Bereich und bei wichtigen Untersuchungen zum Beispiel beim Röntgen oder bei der Magnetresonanztomographie. Sonst heißt es wie auch außerhalb des Krankenhauses: Rücksicht nehmen, also etwa nicht im Mehrbettzimmer lautstark telefonieren, wenn die Person im Nachbarbett dringend schlafen muss.
Lehrer Blume: Smartphones sollten in Pausen tabu sein
Der Umgang mit Handys hat es diese Woche sogar in die große Politik geschafft, genauer gesagt in die Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW in Brandenburg. An den dortigen Grundschulen soll es demnach keine privaten Handys und Tablets geben. Weiter heißt es: Der Schwerpunkt soll bei der Vermittlung von Lesen, Schreiben und Rechnen liegen.
Von einem kompletten Verbot von Handys an Schulen hält Bob Blume nichts. Er ist selbst Lehrer in der Nähe von Baden-Baden, aber auch Blogger, Podcaster und Berater in Bildungsfragen. Der 42-Jährige meint: "Ich finde es sinnvoll zu sagen: In den Pausen sind Handys tabu. Denn Schulen sind auch ein sozialer Raum. Es ist wichtig, dass man sich anschaut, kommuniziert und sich direkt Gesicht zu Gesicht austauscht."
Aber Lehrer Blume findet auch, Handys sollten nicht verteufelt werden, vielmehr sollten wir den Umgang damit lernen. "Wir können mit KI jetzt schon jede Art von Aufgabe auf Knopfdruck lösen lassen. Das führt zum 'Deskilling'. Wir werden schlechter als besser." Weil wir uns gern von Handy-Apps ablenken lassen oder uns beispielsweise in Videos gesehene Inhalte verstören können.
Aber das müsse nicht sein. Denn wenn man den richtigen Umgang lerne, könne man sowohl digitale Endgeräte als auch KI nutzen, um sein eigenes Lernen zu vertiefen. Dafür müsse aber jemand da sein, der den sinnvollen Gebrauch erläutert und zur Reflexion anregt, so Lehrer Blume.
Die Schule mit ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag sei der richtige Platz, um den richtigen Umgang mit Handys zu trainieren. "Nicht nur einmal im Jahr an einem Medientag, sondern am besten immer wieder in vielen Fächern", erklärt Bob Blume mir am Telefon. Seine Vorstellung: Schülerinnen und Schüler lassen ihr Handy während der Schulzeit im Ranzen.
Werden Handys oder andere Endgeräte im Unterricht genutzt, sollten schuleigene Geräte verwendet werden - ohne private Apps und Einstellungen, so Lehrer Blume weiter. Die privaten Geräte könnten aber in Ausnahmen genutzt werden - etwa um gemeinsam zu schauen, welche Inhalte auf Social Media problematisch sind. Lernen im 21. Jahrhundert geht - so Lehrer Blume - mit, ohne, trotz und durch Handys.
Uni Hohenheim: Daddeln auch während der Vorlesung erlaubt
Und wie ist es an Hochschulen? Darf in Uni-Hörsälen munter gedaddelt werden, während vorne der Prof. seine Vorlesung hält? Ich habe bei der Uni Hohenheim nachgefragt und Professor Sebastian Hess hat geantwortet: "Wir haben in Lehrveranstaltungen bewusst keine universitätsweiten Regeln, da es unseren Studierenden freisteht, ob beziehungsweise wie aufmerksam sie an einer Lehrveranstaltungen teilnehmen." Vorausgesetzt die Veranstaltung werde nicht gestört.
Puh, da muss man schon ein dickes Fell haben, denke ich und frage Tobias Schrimpf, wie er damit umgeht. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter ebenfalls an der Uni Hohenheim steht er mal vor den Studis und erklärt etwas, dann sitzt er auch wieder hinten im Hörsaal und sieht wie manche Studierende völlig ungeniert - und wohl wissend, dass er ein Dozent ist - während der Vorlesung online shoppen. "Das hat schon eine gewisse Respektlosigkeit", denkt er dann - zumindest im ersten Moment. Dann versucht er es sportlich zu nehmen und sich selbstkritisch zu fragen: Wie könnte die Veranstaltung spannender gemacht werden, dass die Studis erst gar nicht auf die Idee kommen, ans Handy zu gehen.
Klar ist, bei Prüfungen ist das Handy tabu. Wer es nutzt, fällt durch.
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Konzerte ohne Handy sind die große Ausnahme
Musik-Konzerte ohne Handy - für viele ist das kaum vorstellbar. Die Erfahrung zeigt: Kaum geht die Musik los, halten die Leute mit ihren Smartphones drauf. Warum? Wer schaut das verwackelte Video in bescheidener Tonqualität wirklich nochmals an? Ich persönlich finde das eher befremdlich, finde es schade, dass all die Leute nicht tanzen, weil sie ihre Handys halten müssen.
Arnulf Woock vom Stuttgarter Music Circus Concertbüro erzählt mir von Bob Dylans "No-Phone-Tour" und dem Konzert vergangenen Monat in Stuttgart. Dort mussten die Handys am Eingang abgegeben und in Säckchen verschlossen werden. Für ihn war das etwas ganz Besonderes.
Voting: Was ist eure Meinung?
Die Abstimmung ist bereits beendet.
Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.
In der vergangenen Woche wollten wir von euch wissen, was ihr von den Sanierungsplänen der Staatsoper Stuttgart haltet. Die meisten Stimmen (69,2 Prozent) bekam die Antwort: "Auf jeden Fall sanieren! Qualitätsaufführungen bis der Arzt kommt - wie Sancta - brauchen wir weiterhin in Stuttgart."
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