Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) wird im Bundestag vorerst nicht geändert. Das hat der SWR aus Bundestagskreisen erfahren. Der umstrittene Paragraf 23 AEG verbietet laut der Stadt Stuttgart aktuell auch den Bau des neuen Stadtviertels Rosenstein, das auf der Fläche des Stuttgarter Kopfbahnhofes und des Gleisvorfeldes entstehen soll.
Nopper: "Das ist sehr enttäuschend!"
Wenn der Stuttgart-21-Tiefbahnhof fertig ist, will die Stadt auf der Fläche des jetzigen Bahnhofs eigentlich Wohnungen für über 10.000 Menschen bauen. Das aktuell geltende Gesetz verhindere aber diese Bebauung, erklärte Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) nach Bekanntwerden der gescheiterten Verhandlungen in Berlin.
Wir brauchen Wohnraum, wir brauchen Planungssicherheit - in Stuttgart und in vielen anderen Städten Deutschlands.
Nach der Bundestagswahl müssten sich die neue Bundesregierung und der neu konstituierte Deutsche Bundestag unverzüglich mit einer Neuformulierung des Paragraf 23 AEG beschäftigen, so Nopper weiter. "Am besten verbunden mit einer Klarstellung, dass nicht nur auf den bisherigen Gleisflächen, sondern überall, wo Wohnungsbau beabsichtigt ist, Wohnungsbau Vorrang hat."
![Auf 85 Hektar sollen hauptsächlich neue Wohnungen entstehen. (Foto: Visualisierungen: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur) Auf 85 Hektar sollen hauptsächlich neue Wohnungen entstehen.](/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/1731065517983%2Crosenstein-quartier-102~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Der Bau des sogenannten Rosensteinquartiers, einem neuen Stadtviertel in der Stuttgarter Innenstadt, war einst das Hauptargument für die Landeshauptstadt, dem Projekt Stuttgart 21 zuzustimmen. Auf den Flächen befindet sich aktuell noch der Stuttgarter Hauptbahnhof, das Gleisvorfeld und der bisherige Abstellbahnhof. Bereits 2001 erwarb die Stadt Stuttgart dafür die entsprechenden Grundstücke von der Bahn.
Verhandlungen zwischen SPD, Grüne, FDP und Union gescheitert
Der umstrittene Paragraf 23 des AEG war ursprünglich von der Ampelregierung eingebracht worden und im Dezember 2023 in Kraft getreten. Im vergangenen Jahr stellte die Stadt Stuttgart fest, dass dieses Gesetz die Bebauungspläne von Stuttgart 21 verhindern könnte. In der Folge waren sich die Bundestagsfraktionen der SPD, Grünen, FDP und Union eigentlich darüber einig, dass das Eisenbahngesetz vor den Neuwahlen nochmals geändert werden sollte. Großprojekte wie das geplante Rosensteinquartier bei Stuttgart 21 sollten durch das neue Gesetz dennoch möglich sein.
Erst im Dezember 2024 hatte der Verkehrsausschuss im Bundestag über das Gesetz beraten:
Seit Wochen war daher über ein Änderungspaket diskutiert worden, in dem auch andere Gesetze thematisiert wurden. "Gesetzesänderungen, auf die man sich fraktionsübergreifend verständigt hatte, kommen nun nicht zustande", erklärte Matthias Gastel, Abgeordneter aus Nürtingen und bahnpolitischer Sprecher der Grünenfraktion im Bundestag. "Gerade das Scheitern einer Änderung des AEG ist bedauerlich."
Auch der Bundestagsabgeordnete Michael Donth (CDU) aus Reutlingen sagte, dass man sich über die Änderung eigentlich einig war: "Doch dann kam am Dienstagmorgen die Nachricht von den Grünen, dass sie eines der Gesetze (bei dem es um Personaleinstufungen bei der Autobahn GmbH geht), nicht mittragen können. Damit kam das Gesetzespaket und vor allem auch die Änderung des AEG nicht zustande." Laut Gastel und Donth würde es somit vor den Bundestagsneuwahlen zu keiner Gesetzesänderung mehr kommen.
Stuttgart könnte deutlich mehr Wohnraum schaffen
Die Stadt Stuttgart hingegen hätte auch noch andere Möglichkeiten, mehr Wohnraum zu schaffen, heißt es vom Mieterverein Stuttgart. Der Vorsitzende Rolf Gaßmann hatte dem SWR im Sommer 2024 erklärt, dass die Stadt zum Beispiel mehr Handlungsspielraum beim leer stehenden EnBW-Areal am Stöckach hätte. Aus dem früheren Bürokomplex wollte die EnBW eigentlich rund 800 Wohnungen machen, hat das Projekt aus Kostengründen dann aber auf Eis gelegt. Die Stadt könnte mehr Druck ausüben, so Gaßmann. "Das dann eben dieses Grundstück an die Stadt geht und auch von der Stadt bebaut werden kann." Es gebe noch zahlreiche weitere leer stehende Gewerbeflächen in Stuttgart, die großes Potential für Wohnraum hätten und von der Stadt nicht genutzt werden.
Im August 2024 berichtete SWR Aktuell über die Wohnungsnot in Stuttgart: