Wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge hat die Staatsanwaltschaft Mannheim gegen einen Polizeioberkommissar Anklage erhoben. Ein Polizeihauptmeister des Polizeipräsidiums Mannheim muss sich wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen verantworten.
Hinreichender Tatverdacht nach Polizeieinsatz in Mannheim
Die Ermittlungen haben laut Staatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht ergeben. Ob es zu einem Prozess kommt, ist noch unklar, das Mannheimer Landgericht prüft das eigenen Angaben zufolge.
Bei dem Polizeieinsatz am 2. Mai 2022 war ein 47-jähriger Mann zusammengebrochen, später dann im Krankenhaus gestorben. Im Internet kursierte ein Video, auf dem zu sehen war, wie ein Beamter den auf dem Boden Liegenden auf den Kopf schlug.
Pfefferspray und Schläge auf den Kopf
Laut Staatsanwaltschaft hatte sich der 47-jährige Mann aus dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim entfernt. Sein behandelnder Arzt habe die beiden angeklagten Polizisten gebeten, den Mann wegen akuter Eigengefährdung wieder zurück ins ZI zu bringen. Der 47-Jährige sei aber weiter in Richtung Marktplatz gegangen, so die Staatsanwaltschaft. Als er sich zu den beiden Beamten umdrehte, habe ihm der angeklagte Polizeioberkommissar Pfefferspray ins Gesicht gesprüht.
Fixierung durch Polizisten führte zu Sauerstoffmangel
Am Marktplatz brachten die beiden Polizisten den Mann dann zu Boden. Dieser habe sich zuvor mit zwei Faustschlägen gegen sein Festhalten gewehrt. Einer der Beamten wollte dem Mann Handschellen anlegen. Der 47-Jährige wehrte sich aber. Daraufhin habe ihm der Polizeioberkommissar zwei schnell aufeinanderfolgende Faustschläge gegen den Kopf versetzt. Als sich der Mann weiter widersetzte, soll der Beamte erneut zweimal in Richtung seines Kopfes geschlagen haben.
Daraufhin bekam der 47-Jährige Nasenbluten und blieb mehrere Minuten mit Handschellen fixiert auf dem Bauch liegen.
Der Mann verlor das Bewusstsein. Er verstarb trotz Reanimationsmaßnahmen im Krankenhaus.
Staatsanwaltschaft Mannheim: Schläge nicht gerechtfertigt
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen waren weder der Einsatz des Pfeffersprays noch die vier Schläge nach polizeirechtlichen oder sonstigen Vorschriften gerechtfertigt, so die Staatsanwaltschaft.
Für den Tod des 47-Jährigen seien die Fixierung auf dem Bauch und das Nasenbluten nach den Faustschlägen zumindest mitursächlich gewesen. Daher werde dem Polizeioberkommissar Körperverletzung im Amt mit Todesfolge und – für den Einsatz des Pfeffersprays – eine versuchte gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen.
Zweiter Polizist habe nicht eingegriffen
Es gibt laut Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte dafür, dass der zweite Beamte am Einsatz des Pfeffersprays oder an den Faustschlägen beteiligt war oder selbst ungerechtfertigt Gewalt anwandte. Ihm wird deshalb fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Er habe es nach der Fixierung unterlassen, für eine andere Lagerung des 47-Jährigen zu sorgen. Der Mann hätte dann freier atmen können. Sein Tod hätte nach den derzeitigen Einschätzungen der Rechtsmedizin "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" vermieden werden können, so die Staatsanwaltschaft Mannheim.
Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg führt die Ermittlungen. Zahlreiche Zeugen hatten Videos, Bilder und Informationen an ein Hinweisportal des LKA geschickt. Aus insgesamt 120 Videosequenzen, die das Ereignis zeigen, sei der Ablauf rekonstruiert worden, so die Staatsanwaltschaft.
Ein Polizist bleibt weiterhin suspendiert
Das Polizeipräsidium Mannheim teilte mit, dass der Polizeioberkommissar wegen der Anklage weiter suspendiert bleibe. Die Suspendierung seines damaligen Kollegen werde aufgehoben. Gegen beide Beamte, so die Staatsanwaltschaft, gelte bis auf Weiteres die Unschuldsvermutung.
Es liefen unterdessen auch Ermittlungen gegen den Arzt, der den 47-Jährigen wegen dessen Schizophrenie behandelt hatte und die beiden Polizeibeamten bei dem Einsatz damals begleitet hatte.