Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat die sogenannte "Reichsbürger"-Szene als "staatsfeindliches, brandgefährliches und vor allem gewaltbereites Milieu" bezeichnet. Der Großeinsatz heute gegen die Szene sei ein "präziser und erfolgreicher Schlag gegen den Rechtsextremismus und den Rechtsterrorismus" gewesen. Die Aktion zeige, dass die Sicherheitsbehörden bundesweit koordiniert, vernetzt und erfolgreich arbeiteten, um unsere freiheitliche Demokratie zu verteidigen, sagte Strobl dem SWR.
Das Land und der Verfassungsschutz gingen konsequent und hart gegen "Reichsbürger" vor, so Strobl. "Reichsbürger" bekämen etwa keine waffenrechtlichen Erlaubnisse, bereits erteilte Genehmigungen würden widerrufen.
Auf der Konferenz der Innenministerinnen und -minister von Bund und Ländern hatte Strobl auf eine weitere Verschärfung des Waffenrechts gedrungen. Das Bundesinneministerium soll nun prüfen, ob das möglich ist. Schätzungen des Landesamts für Verfassungsschutz zufolge befürworte etwa jeder Zehnte der Szenenangehörigen den Einsatz von Gewalt.
SPD: Keine "Spinner", sondern "Terroristen"
Der Verfassungsschutzexperte der SPD-Landtagsfraktion, Boris Weirauch, machte klar, die "Reichsbürger" seien nicht einfach nur "Spinner, sondern mitunter gefährliche Terroristen". Man müsse ihnen mit der Härte des Rechtsstaates begegnen.
Für Weirauch zeigen die gegenwärtigen Ermittlungen, dass insbesondere ein wachsames Auge auf die Rekrutierungsversuche von Verfassungsfeinden in Sicherheitsbehörden gerichtet werden müsse. "Wenn Personen, die an der Waffe ausgebildet sind, in verfassungsfeindliche Milieus abrutschen, ist das eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit in unserem Land." Damit bezieht sich Weirauch auf Berichte, wonach die festgenommenen "Reichsbürger" gezielt Anwerbungen in Kasernen und Polizei unternommen haben sollen.
FDP für besseren Austausch zwischen Behörden
Für den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und rechtspolitischen Sprecher der FDP, Nico Weinmann, stellen "die sogenannten Selbstverwalter mit ihren extremistischen Umsturzphantasien eine Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung dar". Es gelte, sich dagegen vehement zu verteidigen.
Deshalb fordert er einen besseren Austausch zwischen Behörden bezüglich der Bewaffnung von Extremisten. "Wir benötigen dringend eine bessere Rückkopplung zwischen den zuständigen Waffenbehörden und dem Verfassungsschutz", teilte Weinmann mit.
AfD findet Großeinsatz nicht verhältnismäßig
Für den sicherheitspolitischen Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Hans-Jürgen Goßner, ist bei dem Großeinsatz überhaupt keine Verhältnismäßigkeit gegeben. Hier würde "eine marginale Gefahr zu einem existenzbedrohenden Phänomen aufgebauscht", teilte er mit. "50 geistig verwirrte Menschen mit Umsturzphantasien sind sicher irgendwie unheimlich, aber sie rechtfertigen wohl kaum einen derartigen Einsatz."
Linke wollen Kommando Spezialkräfte auflösen
Die Landessprecherin der Linken in Baden-Württemberg, Sahra Mirow, fordert, die Razzia müsse Konsequenzen haben. "Das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr muss sofort aufgelöst werden", teilte Mirow mit. "Wenn KSK-Soldaten gemeinsam mit Rechtsextremen, AfDlern, "Reichsbürgern" und "Querdenkern" einen bewaffneten Umsturz planen, kann nicht zur Tagesordnung zurückgekehrt werden." Rechtsextremismus müsse endlich konsequent aufgeklärt und bekämpft werden, auch in der Bundeswehr und Polizei, so Mirow.
Baden-Württemberg Schwerpunkt der Razzien Nach Razzia gegen "Reichsbürger": Weitere Verdächtige in U-Haft
Nach einem deutschlandweiten Polizeieinsatz gegen eine terroristische Vereinigung sind 13 mutmaßliche "Reichsbürger" in Haft. Ein Schwerpunkt der Aktion war in Baden-Württemberg.
Buschmann: "Anti-Terror-Einsatz"
Auch Bundespolitikerinnen und -politiker äußerten sich zu der Razzia. "Die Ermittlungen lassen in den Abgrund einer terroristischen Bedrohung aus dem Reichsbürger-Milieu blicken", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bezeichnete die bundesweite Razzia als "Anti-Terror-Einsatz".
Baden-Württemberg ist Schwerpunkt der Razzia
Am frühen Morgen begann der wohl größte Polizeieinsatz gegen eine mutmaßliche terroristische Vereinigung, den es jemals in der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat. Nach SWR-Recherchen war Baden-Württemberg ein Schwerpunkt der Razzia. Es wurden 38 Objekte im Land durchsucht, unter anderem in Pforzheim, im Enzkreis und in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Freudenstadt und Rottweil.