Bei einem Großeinsatz gegen bewaffnete sogenannte Reichsbürger durchsucht die Polizei seit Mittwochmorgen mehr als 30 Objekte in Baden-Württemberg, unter anderem in Pforzheim, im Enzkreis und in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Freudenstadt und Rottweil. Die Gruppe soll geplant haben, die Bundesregierung zu stürzen. Nach bisherigen Erkenntnissen sind zwar keine Objekte in der Region Heilbronn-Franken betroffen, in der Vergangenheit gab es jedoch mehrere Vorfälle im Zusammenhang mit der "Reichsbürger"-Szene in der Region.
Hausbesitzer wendete sich nach SEK-Einsatz an bekannten Reichsbürger
Das jüngste Beispiel: Bei einem SEK-Einsatz in Boxberg (Main-Tauber-Kreis) schoss ein mutmaßlich der Szene angehörender Mann auf Polizisten - und verletzte zwei davon. Kurz nach dem Einsatz wandte sich der Hausbesitzer des betroffenen Grundstücks in Bobstadt nach SWR-Informationen an den szeneweit bekannten "Reichsbürger" Matthes H. aus Tübingen.
H. gehört nach SWR-Informationen zu den Beschuldigten im aktuellen Fall der bundesweiten Razzien, nicht aber zu den Festgenommenen. In dem von der "Reichsbürger"-Gruppe vorgesehenen "Schattenkabinett" für die geplante Machtübernahme hätte H. für Fragen des Völkerrechts zuständig sein sollen.
Verbindung zu Boxberg unklar
Matthes H. ist seit über 20 Jahren in der "Reichsbürger"-Szene aktiv, unter anderem war er Mitglied der selbst ernannten "Kommissarischen Reichsregierung" in Berlin und gehörte auch der Gruppe "Das Deutsche Reich" an, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft.
Ob Matthes H. im April auf den Hilferuf des Hausbesitzers in Boxberg-Bobstadt geantwortet hat, geht aus den dem SWR vorliegenden Chatverläufen allerdings nicht hervor.
Kontakte zu einem Verlag im Kreis Schwäbisch Hall
Dennoch gibt es weitere Anknüpfungspunkte in der Region: Matthes H. soll mehrere Vorträge über das Deutsche Reich von 1871, das seiner Auffassung nach nach wie vor besteht, in der Region gehalten haben, auch in der Nähe von Boxberg. Auch in nächster Zeit soll es einen weiteren Vortrag in der Region geben, das hat er auf seinem öffentlichen Kanal im Messenger Telegram angekündigt.
Ein von ihm verfasstes Buch zur selben Thematik wird außerdem bei einem Verlag aus Fichtenau (Kreis Schwäbisch Hall) verlegt. Von Szenekennern wird dem Verlagsbetreiber ebenfalls eine Nähe zur Szene nachgesagt. Nach ARD-Recherchen bezeichnete der deutsche Verfassungsschutz ihn im Zusammenhang mit antisemitischen Äußerungen als rechtsextremistischen Esoteriker.