Apothekerverband sieht "bedrohliche Lage"

Von Antibiotika bis Insulin: Engpässe bei fast 500 Medikamenten in BW

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Barbara Reeder
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Die Erkältungssaison beginnt gerade erst, aber schon jetzt gibt es bei vielen Medikamenten Lieferengpässe. Der Apothekerverband schlägt Alarm und sieht Fehler bei der Politik.

Ob Antibiotika, Schmerzmittel oder Insulin: Viele Medikamente sind auch in Baden-Württemberg derzeit knapp, obwohl die Bundesregierung Verbesserungen versprochen hatte. Dabei hat die Erkältungssaison nicht einmal richtig Fahrt aufgenommen. Tatjana Zambo, Vorsitzende des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, sagte im SWR, dass aktuell fast 500 Medikamente von Lieferengpässen betroffen sind.

Darunter seien nicht nur saisonale Arzneimittel, beispielsweise gegen Erkältungskrankheiten, sondern auch Medikamente, die ganzjährig gebraucht werden, so Zambo. Beispielsweise Augentropfen, mit denen der Augeninnendruck gemessen wird. Antibiotika für Kinder und Erwachsene seien ebenfalls knapp. "Wir haben auch bei Doxycyklin, einer wichtigen Substanz, Engpässe", sagte Zambo. Das Antibiotikum kommt unter anderem bei chronischer Bronchitis oder Lungenentzündungen zum Einsatz. Es gebe Arzneimittel, bei denen die Lage dramatischer sei als bei anderen. Die Apothekerin rät Menschen, die ein Medikament dauerhaft brauchen, sich frühzeitig um ein neues Rezept zu kümmern.

Tatjana Zambo, Präsidentin des LAV
Tatjana Zambo, die Präsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, ist besorgt, weil immer wieder Medikamente knapp werden im Land.

Höhere Vergütungen für Arzneimittel nur teilweise umgesetzt

Der Vize-Chef des Deutschen Apothekerverbands, Mathias Arnold, warnt ebenfalls vor einer "bedrohlichen Lage" aufgrund fehlender Medikamente. "Auch manche Impfstoffe sind nicht in Mengen verfügbar, wie wir sie brauchten", betonte Arnold. Für die Apotheken-Vertreter ist die Politik der Bundesregierung mitverantwortlich. Sie hatte zwar bessere Vergütungen für kritische Arzneimittel versprochen, das aber nur teilweise umgesetzt. Die Preise für viele Medikamente seien jedoch durch Sparzwänge der Krankenkassen so weit in den Keller gerutscht, dass sich eine Produktion in Europa für die Hersteller nicht mehr lohne.

Dadurch fließt die Produktion eher dahin, wo die Margen besser sind, und das ist nicht unbedingt Deutschland.

Während Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland schon seit Wochen vor einer Mangellage warnen, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium, dass es lediglich "punktuelle Lieferengpässe" gebe. Zudem könnten spezielle Medikamente durch andere Arzneimittel mit demselben Wirkstoff ersetzt werden. Das stimme jedoch nicht in allen Fällen, sagte Tatjana Zambo, die selbst zwei Apotheken in Gaggenau (Kreis Rastatt) führt. Sie habe einen Patienten, für den sie kein vergleichbares Asthma-Mittel zum Inhalieren finden konnte. Sie sei dann auf eine andere Dosierung ausgewichen. Es würden sich zwar Lösungen finden, aber "ideal ist das nicht", erklärte die Apothekerin.

Auch bei Impfstoffen kommt es zu Engpässen. Apothekerverbands-Vize Arnold kritisiert daher den Bundesgesundheitsminister: Karl Lauterbach (SPD) sage, dass alle Kinder geimpft werden sollten, allerdings sei in bestimmten Bereichen kein Impfstoff da. Apotheken würden daher auf Importe aus Italien, Frankreich oder Spanien zurückgreifen, so Arnold.

Problem bekannt, aber längst nicht gebannt

Bereits in den vergangenen Jahren ist es immer wieder zu Engpässen bei der Versorgung mit Arzneimitteln gekommen. Das Bundesgesundheitsministerium hatte Abhilfe versprochen. "Was sich etwas entspannt hat, ist die Situation bei den Fiebersäften", sagte Zambo im SWR-Interview. Vor zwei Jahren seien diese im Winter absolut knapp gewesen. Hier habe der Gesetzgeber die Preise angehoben, damit der deutsche Markt für Hersteller überhaupt interessant wurde. "Aber in großem Stil ist das nicht passiert", so Zambo.

Wir haben an der Stelle das System kaputtgespart. Profiteure waren die Krankenkassen, die viel Geld sparen können.

Ein weiteres Problem ist nach Ansicht der BW-Vertreterin des Apothekerverbands die Abhängigkeit von China und Indien, wo sich die Produktion mehr lohne. In Europa seien die Umweltstandards sehr hoch, die Produktion daher zu teuer. Hinzu kommt, dass manche Medikamente dort nur von einem Hersteller produziert werden. Wenn es dort Schwierigkeiten gibt, stehen die Mittel über Monate nicht zur Verfügung.

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