Lieferengpässe bei Arzneimitteln unverändert

Holzgerlinger Apotheker warnt: Medikamentenmangel verschärft sich

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Es ist seit Monaten ein Thema: Viele Medikamente sind nicht lieferbar. Die Politik habe nicht reagiert, heißt es von Apotheken und Pharmaindustrie. Die Situation bleibt dramatisch.

Die Grippewelle klingt gerade ab, aber das Problem Medikamenten-Engpass sei noch lange nicht vom Tisch, warnt der Apotheker Björn Schittenhelm aus Holzgerlingen (Kreis Böblingen). Im Gegenteil: Die Lage sei weiter angespannt, eine Entspannung nicht in Sicht, so der Apotheker am Mittwoch.

Apotheker warnen vor Medikamentenmangel seit Jahren

Seit knapp 15 Jahren schlagen Apothekerinnen und Apotheker Alarm: Im letzten Jahr habe sich gezeigt, wie schnell sich die Situation zuspitzen kann, wenn mehrere ungünstige Faktoren zusammenkommen. Aktuell gebe es zwar in der Region keinen so akuten Mangel an Fiebersaft für Kinder mehr - das liege aber vor allem daran, dass der Bedarf wieder gesunken sei. Außerdem sei es bei solchen Medikamenten kein Problem, sie selbst zusammenzumischen. Das gehe bei bestimmten Präparaten, bei denen einer der Hauptwirkstoffe fehlt, nicht.

Apotheker: Die Politik reagiert nicht

Die aktuelle Entspannung in Bezug auf einige Medikamente dürfe die Politik aber nicht zu dem Fehlschluss verleiten, dass das Problem Medikamentenknappheit jetzt gelöst sei. Trotz vieler Versprechungen reagiere die Politik nicht, so Schittenhelm. Der Holzgerlinger Apotheker spricht weiterhin von knapp 400 fehlenden Produkten - das reiche bis zu Krebsmedikamenten. Und täglich werden neue Medikamente knapp. Das betrifft nicht nur Apotheken, auch Krankenhäuser und Arztpraxen haben Probleme. Die Situation werde sich in den kommenden Monate nicht bessern, meint Schittenhelm. Teilweise müssen Apotheker ihre Kundschaft zurück zum Arzt schicken, um die Therapie zu verändern - sprich: Es müssen lieferbare Medikamente verschrieben werden.

Auf der Suche nach ihrem Medikament: Kunden telefonieren Apotheken ab

Auch Kunde Uwe Jarosch hat für diese Situation kein Verständnis. Er habe vorher verschiedene Apotheken abtelefoniert, ob das Medikament, das er brauche, vorrätig sei.

"Ich kann nicht verstehen, dass auch die gängigen Medikamente nicht verfügbar sind."

Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach gehen vielen nicht weit genug

Ein Kernproblem sei, dass es in Deutschland zu wenig Rendite für Medikamente gebe, es müssten wieder "vernünftige Preise" für Medikamente gezahlt werden, so der Apotheker. Eine Brezel koste mehr als eine Aspirintablette.

Von den Plänen des Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist Schittenhelm auch nicht restlos überzeugt. Der hatte angekündigt, dass Krankenkassen vorübergehend die Mehrkosten für teurere Ausweichmedikamente übernehmen sollen. Außerdem sollen mehr Vorräte angelegt werden. Langfristig ist die Idee, die Preisvorschriften zu lockern, um wieder mehr wichtige Wirkstoffe in Europa zu produzieren.

Apotheken helfen sich selbst

Die Apotheken müssen sich aktuell selbst Strategien überlegen, wie sie dem Mangel begegnen können. In der Apotheke von Björn Schittenhelm verpacken sie aktuell viele Medikamente um. Beispielsweise Ibuprofen aus großen Packungen in kleine, um mehr Kunden damit versorgen zu können. "Es ist genau das eingetreten, wovor wir gewarnt haben im Herbst. Während der Erkältungswelle ist die Arzneimittel-Versorgung fast zusammengebrochen", sagt Schittenhelm.

"Die Apotheken mussten im großen Stil Fiebersäfte und Co. selbst herstellen."

Viele Kundinnen und Kunden müssen mehrere Apotheken aufsuchen, bis sie eine finden, die das richtige Präparat vorrätig hat. Für Schittenhelm ist die fast hundertprozentige Abhängigkeit von China hier auch langfristig ein Problem. Viele Arzneimittel-Hersteller hätten den europäischen Markt bereits seit letztem Jahr verlassen, weil es sich einfach nicht mehr lohne.

Das Team von Björn Schittenhelm bemühe sich sehr, sagt Kundin Gerlinde Pöppke. Das Medikament, das sie für ihren Mann dringend braucht, ist eigentlich momentan nicht lieferbar. Jetzt habe die Apotheke aber herum telefoniert und in einer anderen Filiale eine der letzten Packungen bestellen können. Ob diese aber wie angekündigt wirklich in zwei Tagen dann vor Ort ist, sei unklar.

"Ich finde es schlimm, wenn es so weitergeht. So viele Menschen sind auf Medikamente angewiesen."

Björn Schittenhelm und seine Kolleginnen und Kollegen sind sich sicher, dass sich die Situation weiter verschlechtere, wenn die Politik nicht schnell handele.

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