Margot Friedländer hat den Holocaust überlebt und ist in die USA emigriert. Als hochbetagte Frau kehrte sie 2010 nach Deutschland zurück und ist seitdem als Zeitzeugin unterwegs, vor allem an Schulen. Für ihre Versöhnungsarbeit hat sie am Sonntag in einem Festakt in der Heidelberger Heiliggeistkirche den Hermann-Maas-Preis erhalten. Mit ihr wurde auch "ZWEITZEUGEN" ausgezeichnet - ein Verein, der sich für die Aufrechterhaltung der Erinnerungskultur einsetzt.
Margot Friedländer appelliert in Videobotschaft an Menschlichkeit
Die Hermann-Maas-Preisträgerin war bei der Verleihung nicht persönlich anwesend, war aber in einer Videobotschaft zu sehen und zu hören. Mit brüchiger Stimme dankte Friedländer und sagte, ihr sei es gegeben, zu sprechen und für sie sei es wichtig, dass die Menschen verstünden, dass sie Menschen sein sollten. Was gewesen ist, könne man nicht mehr ändern, aber es dürfe nie wieder geschehen. Das sei wichtig für die Demokratie und das Land und die Menschen.
Landesbischöfin Springhart: "Wir brauchen ihre Stimme"
Zuvor hatte sich die evangelische Landesbischöfin Heike Springhart in ihrer Laudatio vor Margot Friedländer, ihrem Mut und ihrem Engagement verneigt: Man brauche sie als Erinnerung und als Mahnung, damit dem Geist der Unmenschlichkeit und des Hasses gegen Jüdinnen und Juden eine klare Absage erteilt wird. Mit ihren fast 103 Jahren strahle Friedländer eine ganz eigene Leidenschaft für das Leben aus. Und sie fordere, die Schrecken der Vergangenheit nicht nur zu betrauern, sondern aus ihnen zu lernen.
ZWEITZEUGEN ist ebenfalls Preisträger
Als zweiter Preisträger wurde der in Essen ansässige Verein ZWEITZEUGEN ausgezeichnet. Er sorge mit seiner wertvollen Vermittlungsarbeit dafür, dass auch künftige Generationen einzelnen Überlebenden des Holocaust in Dokumentationen näher kommen könnten, so die Jury. In ihrer Dankesrede zeigte sich die ZWEITZEUGEN-Vorstandsvorsitzende Janika Raisch berührt von dem Preis. Man sehe sich in der Verantwortung, die Geschichten weiterzutragen, die ihnen von Überlebenden anvertraut wurden. Und aus ihnen zu lernen und sich - ganz im Sinne von Hermann Maas - für eine friedliche und plurale Gesellschaft zu engagieren.
Hermann-Maas-Preis wird alle vier Jahre vergeben
Der Hermann-Maas-Preis wird alle vier Jahre für besonderes interreligiöses Engagement und Versöhnungsarbeit vergeben. Er ist nach dem gleichnamigen Heidelberger Pfarrer und Theologen benannt, der zahlreichen Menschen während des Nationalsozialismus zur Flucht verholfen hat. Er war der erste nichtjüdische Deutsche, der nach nach Ende des zweiten Weltkriegs 1949 nach Israel eingeladen wurde. Wenige Jahre später wurde er in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt.