Nach Festnahme in der Türkei

Interview mit Gökay Akbulut: "Das Ganze war ein Einschüchterungsversuch"

Stand
Autor/in
Patrick Figaj
SWR Journalist Patrick Figaj

Die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Linke) wurde Anfang August kurzzeitig in der Türkei festgenommen. Wie sie die Situation erlebte, erzählt sie im Interview.

Gökay Akbulut war am 3. August bei ihrer Einreise in die Türkei in Antalya für mehrere Stunden festgenommen worden. Die Deutsche Botschaft in Ankara sowie das Konsulat in Antalya standen mit der Abgeordneten in engstem Kontakt. Akbulut sei bereits nach wenigen Stunden wieder auf freiem Fuß gewesen. Dennoch wirft der Vorfall Fragen auf.

SWR Aktuell: Frau Akbulut, bei Ihrer Einreise in die Türkei wurden Sie am 3. August für mehrere Stunden festgehalten. Die Bundesregierung hat sich für Ihre Freilassung eingesetzt. Haben Sie in der Situation Angst gehabt?

Gökay Akbulut: Ja, natürlich. Ich war umzingelt von Polizisten und bin dann kreuz und quer durch Antalya gefahren worden. Also ich hatte da natürlich schon richtig großen Stress. Und man fühlt sich in der Situation dann ein Stück weit ohnmächtig, weil man nicht weiß, was als nächstes passieren wird. Aber gegen 22 Uhr am Abend wurde ich dann entlassen.

SWR Aktuell: Sie schreiben auf X, ehemals Twitter, dass Sie erst am Flughafen in der Türkei von einem Haftbefehl gegen Sie erfahren haben. Warum gab es den denn eigentlich?

Akbulut: Der Haftbefehl wurde von der Staatsanwaltschaft in Kayseri eingereicht. Und am Flughafen wurde ich dann abgeführt. Und der Vorwurf lautet: Unterstützung von Terror, Propaganda, Social Media Aktivitäten et cetera.

SWR Aktuell: Ein häufig genannter Grund für solche Vorgänge in der Türkei ...

Akbulut: ... das ist leider mittlerweile Standardprogramm für alle Oppositionellen.

SWR Aktuell: Wie lief denn die Situation konkret für Sie ab? Schließlich sind Sie Bundestagsabgeordnete und genießen einen besonderen diplomatischen Schutz!

Akbulut: Das hat die türkischen Sicherheitskräfte leider überhaupt nicht interessiert. Obwohl ich deutsche Staatsangehörige bin und einen Diplomaten-Pass hatte und einen Ausweis und alle Unterlagen vorgelegt hatte, wurde ich trotzdem vom Flughafen ins Polizeirevier geführt.

SWR Aktuell: Sie mussten nicht aussagen, die Akte wurde gelöscht. Was bedeutet das jetzt für Sie?

Akbulut: Ich bin gerade noch dabei, das Ganze aufzuarbeiten. Aber es hieß zuletzt, dass das Justizministerium in der Türkei das Verfahren gegen mich eingestellt hat und den Haftbefehl aufgehoben hat.

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SWR Aktuell: Auch der türkische Justizminister soll ja involviert gewesen sein.

Akbulut: Ja. Also ich hatte eine sehr gute Unterstützung durch das Auswärtige Amt und durch die Deutsche Botschaft. Es wurden auf hochrangiger Ebene Gespräche geführt. Ich denke, das lief über Ministerialebene. Und dann habe ich sehr schnell eine Anwältin organisieren können. Das Ganze immer in sehr engem Kontakt mit dem Auswärtigen Amt.

SWR Aktuell: Der Vorfall, schreiben Sie auf X, zeige, dass es in der Türkei keine Gewaltenteilung gebe. Wie schwierig ist die Situation aus Ihrer Sicht aktuell?

Akbulut: Ich habe ja im Grunde Glück im Unglück gehabt. Ich genieße die deutsche Staatsbürgerschaft, habe den Immunitätsschutz. Aber für Tausende Oppositionelle ist das nicht der Fall.

"Menschen werden willkürlich inhaftiert. Aufgrund ihrer politischen Einstellung. Oder weil sie das Erdogan-Regime kritisieren."

SWR Aktuell: Werden Sie jetzt Konsequenzen ziehen aus dem Erlebten? Fliegen Sie beispielsweise weiter in die Türkei?

Akbulut: Ja! Also ich bin ja Mitglied der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe, ich setze mich seit Jahren politisch für die Demokratisierung der Türkei ein. Und das werde ich auch weiterhin machen. Ich denke, das Ganze war ein Einschüchterungs-Versuch, um mich mundtot zu machen. Und das werde ich nicht in Kauf nehmen.

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