Eine Rote Bank als Symbol gegen Gewalt an Frauen im Freiburger Stadtgarten.

Zu wenig Plätze, zu viele Anfragen

Frauenhäuser müssen Frauen abweisen - auch aus dem Odenwald

Stand
Autor/in
Friederike Kroitzsch
Friederike Kroitzsch

Immer mehr Frauen in der Region Rhein-Neckar-Odenwald suchen Schutz im Frauenhaus. Die Plätze reichen aber nicht aus. Aktuelle Zahlen zeigen, wie hoch der Bedarf tatsächlich ist. 

Immer mehr Frauen suchen Hilfe, weil sie sich zuhause von einem gewalttätigen Partner bedroht fühlen. Bundesweit aber gibt es viel zu wenig Plätze in Frauen- und Kinderschutzhäusern. Auch in der Region Rhein-Neckar-Odenwald müssen jedes Jahr hunderte von betroffenen Frauen abgewiesen werden.

Elf Betten gibt es im Frauenhaus - Bedarf ist viel höher

Elf Betten hat beispielsweise das Frauenhaus der beiden Landkreise Neckar-Odenwald und Main-Tauber. Elf Plätze also für Frauen auch mit Kindern, die Schutz vor gewalttätigen Partnern suchen. Im laufenden Jahr hat das "Frauen- und Kinderschutzhaus", wie es offiziell heißt, bereits 14 Frauen und elf Kinder aufnehmen können. Wo genau es sich befindet, soll aus Sicherheitsgründen nicht gesagt werden.

Dem gegenüber stehen allein bis Mitte August 36 Anfragen, die die Einrichtung ablehnen musste - die meisten davon aus Platzgründen. Deutlich mehr als im Jahr zuvor. Dass die Zahlen im laufenden Jahr erneut gestiegen sind, könnte nach Meinung von Experten an der Fußball-EM liegen: Solche großen Events sorgten mitunter dafür, dass Männer noch aggressiver gegenüber ihren Frauen würden.

Frauenhand mit Aufschrift "Stopp"

Auffällig sei, so sagt die Mosbacher Kreisverwaltung, dass in diesem Jahr besonders viele Frauen mit mehreren Kindern Schutz suchen. Das fällt auch beim Blick auf die Zahlen des Frauenhauses in Heidelberg auf: Hier fanden im Jahr 2023 15 Frauen mit 18 Kindern Schutz. Im laufenden Jahr 2024 sind es bis August bereits 17 Frauen und 23 Kinder.  

Absagen aus Platzgründen - für Frauen und Kinder

"Wir sehen hier deutlich, wie sehr es an Frauen- und Kinderschutzplätzen mangelt", sagt Esther Ehrenbrand vom "Autonomen Frauenhaus Heidelberg". Denn alleine im vergangenen Jahr musste die Einrichtung mehr als 220 Frauen mit ihren fast 200 Kindern aus Platzgründen absagen, konnte ihnen also keinen Schutz bieten. Für das laufende Jahr mussten bis August bereits rund 120 Frauen mit 150 Kinder abgelehnt werden, die eine Zuflucht suchten. 

Und die Zahlen dürften weiter steigen. "In den Sommerferien wie auch in den Wintermonaten und zur Weihnachtszeit registrieren wir regelmäßig vermehrt häusliche Gewalt", so Ehrenbrand. Dabei ist beim Thema "Gewalt gegen Frauen" die Dunkelziffer immernoch hoch, denn viele Betroffene scheuen den Gang zu Beratungsstellen oder ins Frauenhaus aus Scham oder Angst.

Autonome Frauenhäuser fordern Gewalthilfegesetz - für bessere Finanzierung

Ausserdem müssten Gewaltbetroffene für die Finanzierung ihres Schutzes mitunter selbst sorgen, heißt es beim Autonomen Frauenhaus in Heidelberg. Esther Ehrenbrand, erklärt, dass für Viele - durch die einzelfallbezogenen Finanzierungsmodelle - der Platz in einem Frauenhaus unbezahlbar wird. Das gelte besonders dann, wenn kein Anspruch auf Sozialleistungen besteht.

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Die Autonomen Frauenhäuser in Deutschland fordern im Rahmen einer Petition aktuell von der Bundesregierung die Umsetzung eines Gewalthilfegesetzes, ausgestattet mit Bundesmitteln, damit der dringend gesuchte Schutz im Frauenhaus für Betroffene nicht aus finanziellen Gründen scheitert.

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