Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ist am Ende. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Mittwochabend Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Er wirft ihm Vertrauensbruch vor. Unter anderem hatten beide unterschiedliche Meinungen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie bei der Schuldenbremse. Scholz will Mitte Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Bis Ende März 2025 könnte es dann Neuwahlen geben.
Am Donnerstagmorgen hat der SWR Menschen am Mannheimer Hauptbahnhof gefragt, was sie vom Aus der Bundesregierung halten:
Brandenburg (FDP) erkennt keinen Willen zu Reformen beim Kanzler
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg (Wahlkreis Rhein-Neckar) sagte dem SWR in einer ersten Reaktion, er habe gehofft, dass "der Reformbedarf vom Kanzler erkannt wird" und dass man "zu großen Schritten" bereit gewesen wäre, um zu einem Aufschwung der deutschen Wirtschaft beizutragen. Diese Bereitschaft sei leider nicht da gewesen, so Brandenburg. Insofern seien Neuwahlen nun der richtige Weg. Die FDP, so Brandenburg weiter, wäre bereit, sich dann "sehr gern an einer neuen Regierung zu beteiligen".
Stockmeier (FDP) kritisiert Scholz: "Mit uns nicht zu machen"
Der Mannheimer FDP-Bundestagsabgeordnete Konrad Stockmeier teilte mit, Deutschland habe "die Kraft für eine mutige Wirtschaftswende, Bundeskanzler Scholz hat diese Kraft nicht". Er kritisierte den Kanzler, weil der von FDP-Finanzminister Lindner verlangt habe, "gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse zu handeln". Das sei mit der FDP nicht zu machen, betonte Stockmeier. Die Deutschen stünden nun vor einer Richtungsentscheidung. Stockmeier ist dafür, dass der Kanzler "so schnell wie möglich" im Bundestag die Vertrauensfrage stellt.
Aus für Ampel - Grüne "waren bereit, auch schwierige Schritte zu gehen"
Die Heidelberger Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner (Grüne) teilte dem SWR mit, die Grünen in der Bundesregierung hätten "zuletzt alles gegeben, damit wir uns in der Bundesregierung einigen können und waren bereit, dafür auch schwierige Schritte zu gehen". Man habe eigene Vorschläge eingebracht, wie man die Lücke im Bundeshaushalt schließen könne. Nun gehe es darum, zu zeigen, "dass wir (die Bundesregierung) trotzdem handlungsfähig sind und die Alltagsprobleme und die Probleme in der Wirtschaft angehen".
Sekmen (CDU): Kanzler "muss nun schnell die Vertrauensfrage stellen"
Die Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen übte im SWR scharfe Kritik am Verhalten von Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie nannte es ein Unding, wenn man sich als Kanzler vor die Kamera stelle und dann "in einer würde- und stillosen Art und Weise seinen Finanzminister bloßstellt". Das Aus der Regierungskoalition zeige auch, so Sekmen, dass Scholz das Vertrauen "bei den Menschen draußen" und im politischen Berlin verloren habe. Er müsse jetzt "so schnell wie möglich" die Vertrauensfrage stellen. Das forderte auch CDU-Chef Friedrich Merz. Melis Sekmen vertrat bis zum Juli 2024 die Grünen im Bundestag, wechselte dann aber wegen Meinungsverschiedenheiten mit den Grünen zur CDU.
Ampel-Aus: Weitere Reaktionen von SPD, Grünen, CDU und AfD
Der SPD Kreisverband Mannheim steht hinter der Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cadematori sagte dem SWR, die Forderungen von Christian Lindner hätten den sozialen Zusammenhalt stark gefährdet. Auch Jürgen Kretz, Bundestagsabgeordneter der Grünen in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) sieht die Schuld für den Bruch der Ampel-Koalition bei der FDP. Die Koalition sei "am Ego von Lindner gescheitert". Alexander Föhr, CDU -Bundestagsabgeordneter aus Heidelberg, kritisierte dagegen, dass Kanzler Scholz die Vertrauensfrage erst im Januar stellen will. Der AfD-Abgeordnete Malte Kaufmann (Wahlkreis Heidelberg) fordert, die Vertrauensfrage sofort zu stellen.
Das war der Liveticker zum Ampel-Aus ++ Habeck will Kanzlerkandidat der Grünen werden ++ Frühere Neuwahlen könnten Kommunen vor Probleme stellen ++
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und will im Januar die Vertrauensfrage stellen. Die Ampel-Koalition ist damit gescheitert.
IHK Rhein-Neckar: Phase bis zu einer neuen Regierung kurz halten
Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK), erklärte in einer Stellungnahme, SPD, Grüne und FDP hätten "zu lange an ihrem Koalitionsvertrag festgehalten", obwohl die Koalition seit Februar 2022 "den veränderten wirtschafts- und sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen nicht mehr standhielt". Nun gehe es darum, die Übergangsphase bis zu einer neuen Regierung möglichst kurz zu halten. Diese müsse dann dafür sorgen, "die Weichen so zu stellen, dass die Breite der Wirtschaft wieder Lust hat, freiwillig in Deutschland zu investieren – und das ohne Subventionen".