Silvester steht vor der Tür. Zum Jahreswechsel heißt es wieder, mit einem guten Tropfen anzustoßen. Doch muss es dabei immer feuchtfröhlich zugehen? In den Supermarktregalen locken inzwischen viele alkoholfreie Angebote. Immer mehr Menschen greifen zu Bier oder Sekt ohne Prozente. 23 Millionen Flaschen des Schaumweins gingen im vergangenen Jahr über die Ladentheke, ein Marktanteil von satten 6 Prozent.
Neue Techniken verbessern den Geschmack
Alkoholfreier Wein führt in Deutschland hingegen noch ein Schattendasein. Laut Deutschem Weininstitut (DWI) lag der Absatz 2021 bei unter einem Prozent. Grund: Alkoholfreie Weine trafen bislang nicht den Geschmack der Kunden. Doch neue, aromaschonende Techniken würden inzwischen die Qualität deutlich verbessern, erklärt ein Sprecher des DWI auf SWR-Anfrage.
Klar ist auch: die Zahl derer wächst, die feiern wollen, ohne einen Schwips zu riskieren. Alkoholfrei Trinken liegt im Trend. Slogans wie "Alkoholfrei ist das neue vegan" sprechen da Bände, und auch die sogenannte "Mindful-Drinking-Bewegung" gewinnt in Deutschland immer mehr Anhänger.
Persönliche Passion als Geschäftsidee
Der Heidelberger Jörn Walkling hat aus seiner persönlichen Passion eine Geschäftsidee entwickelt. Der 43-jährige Weinliebhaber träumte davon, den Rebsaft immer und überall genießen zu können - als alkoholfreie Variante. Vor drei Jahren setzte der Jung-Unternehmer alles auf eine Karte: er mietete Büro- und Lagerräume in Heidelberg-Pfaffengrund an, gründete das Start-Up-Unternehmen Goodvines. Sieben Monate lang tüftelte Walkling in einem speziellen Wein-Labor zunächst an einem alkoholfreien Riesling. Die Flasche hat gerade mal 0,01 Prozent. Die Trauben bezieht der Händler von Winzern aus der Pfalz und Rheinhessen. Dort lässt er seinen Wein auch entalkoholisieren. Jörn Walkling erklärt, wie das funktioniert:
Heute agiert Goodvines mit gutem Erfolg. Das Sortiment ist auf sieben Weinsorten angewachsen: darunter ein Merlot, ein Cabernet Sauvignon und den Wein-Aperitif "GUUBII". Die Absatzzahlen steigen rasant, vor allem das Online-Geschäft boomt. Goodvines verkauft inzwischen bis zu 10.000 Flaschen im Monat. Auch außerhalb der Landesgrenzen sitzen die Abnehmer. Die Weinpakete gehen unter anderem nach Frankreich, Holland, Italien, in die USA.
Auch in der Region hat Goodvines viele namhafte Kunden gefunden. Vor allem in der gehobenen Gastronomie. Im Mannheimer Palazzo stehen Walklings Weine genauso auf der Getränkekarte wie bei Spitzenkoch Martin Scharff von der Heidelberger Schlossweinstube. Und was sagt der Gourmet über die Null-Prozent-Weine? Das Urteil des Fachmanns ist interessant:
Eins zu eins übertragbar, scheint der Geschmack also nicht. Alkoholfreier Wein sei bei seinen Gästen aber dennoch gefragt, sagt der Restaurantchef. An das neue Aroma müssten sich die Kunden allerdings erst gewöhnen. Schließlich gebe es viele Vorteil: der Kopf bleibt auch nach mehreren Gläsern klar, die Fahrtauglichkeit erhalten. Außerdem ist alkoholfreier Wein kein Dickmacher - das Glas enthält nur ein Viertel der üblichen Kalorien.