Offener Brief an die Landesregierung

Neckarbischofsheim kritisiert Kürzung bei der Integration - Land widerspricht

Stand

Der Neckarbischofsheimer Bürgermeister Thomas Seidelmann ärgert sich massiv über die Landesregierung. Er wirft ihr vor, finanzielle Mittel für die Integrationsarbeit zu kürzen.

In einem offenen Brief übt der Bürgermeister von Neckarbischofsheim (Rhein-Neckar-Kreis), Thomas Seidelmann (parteilos), harsche Kritik an der Landesregierung. Er wirft den Politikern vor, die finanzielle Förderung der Integrationsarbeit für Geflüchtete deutlich zurückzufahren und nur noch die Landkreise bei der Integration zu unterstützen.

Fördersumme für Integration massiv gesunken

In dem Schreiben betont Seidelmann, es gebe in den Gemeinden seines Verwaltungsverbandes seit Jahren ein gut funktionierendes Integrationsmanagement. Bislang seien die dafür notwendigen Kosten fast vollständig durch Zuschüsse des Landes erstattet worden. Inzwischen sei die Fördersumme im Rhein-Neckar-Kreis aber um über 57 Prozent gesunken.  

Für ihn und den Neckarbischofsheimer Gemeinderat sei es ein "Skandal", dass das Land "genau dort die Axt ansetzt", wo gelingende Integration vor Ort gemacht werde. Sprachkurse würden zurückgefahren, Geld für Integrationsarbeit werde gekappt.

Thomas Seidelmann, Bürgermeister von Neckarbischofsheim
Neckarbischofsheims Bürgermeister Thomas Seidelmann

Kann das wirklich Ihr Ernst sein?

Seidelmann fühlt sich im Stich gelassen

In seinem Brief spricht er Innenminister Thomas Strobl und Migrationsministerin Marion Gentges (beide CDU) direkt an und betont, es könne doch nicht angehen, zwei Monate nach dem Tod des aus Neckarbischofsheim stammenden und in Mannheim von einem "offenbar schlecht integrierten Menschen" getöteten Polizisten die Finanzmittel für die Integration zurückzufahren. Der Kurs der Landesregierung in dieser Sache mache ihn fassungslos.

Wir leisten in den Kommunen für das Land und den Bund eine so wichtige Arbeit. Wie können Sie die Städte und Gemeinden (…) so im Stich lassen?

Die Landesregierung müsse sich bewusst sein, dass solche Kürzungen nicht unerheblich an der derzeitigen "Erosion des Vertrauens in die Politik" beteiligt seien.

Sozialministerium weist Vorwürfe teilweise zurück

Auf Anfrage des SWR teilte das Sozialministerium mit, die Gesamtsumme für die Integrationsarbeit für Geflüchtete sei nicht gekürzt worden. Sie liege nach wie vor bei 58 Millionen Euro – und das solle auch in Zukunft so bleiben. Diese Entscheidung treffe aber am Ende der Landtag. Geändert habe sich lediglich eins: Das Geld des Landes gehe nicht mehr wie bisher an die Kommunen, sondern an die Landkreise. Diese könnten das Geld an die Kommunen weiterreichen. Klar sei aber auch: Je mehr Geflüchtete in einem Landkreis aufgenommen würden, desto mehr Geld bekomme dieser Landkreis. Der Rhein-Neckar-Kreis habe aber zuletzt weniger Geflüchtete aufgenommen, als andere Landkreise. Daher bekomme der Kreis auch weniger Geld. 

Kommune erhalten Integrationsangebot aufrecht

Der Bürgermeister will das neue Verteilungssystem eventuell juristisch überprüfen lassen. Seidelmann kündigte außerdem an, dass der Gemeindeverwaltungsverband die entstandenen Mehrkosten von 75.000 Euro für den Erhalt der Integrationsangebote zunächst selbst tragen wird.

"Wir nehmen es in die Hand, weil die Menschen uns einfach wichtig sind."

Auf Neckarbischofsheim alleine kämen dadurch zusätzliche Kosten von 16.000 Euro zu. Das sei für die Kommune eine Menge Geld.

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