Verein: "Krieg muss erlebbar bleiben"

Von Schallplatten über bedrucktes Klopapier: So sieht ein Bunker unter Mannheim aus

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Isabel Handrich
Isabel Handrich

Vor 60 Jahren - mitten im Kalten Krieg - entstand ein Atomschutzbunker unter Mannheim. Heute ist er nicht mehr nutzbar. Ein Verein setzt sich dennoch für den Erhalt ein.

Der Verein "MannheimTours" setzt sich für den Erhalt der Bunkeranlagen in Mannheim ein. Der Atomschutzbunker mitten in der Innenstadt sei ein besonderer "Zeitzeuge".

Tausende Menschen laufen jeden Tag über den Paradeplatz, die Kunststraße und in das Stadthaus N1 in Mannheim. Was wohl den wenigsten in diesem Moment durch den Kopf gehen dürfte: Direkt unter ihren Füßen befindet sich ein 60 Jahre alter Atomschutzbunker, der sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert hat.

Verein kümmert sich um Bunker in Mannheim

Es gibt deutschlandweit nur noch wenige dieser sogenannten ABC-Bunker in zeitauthentischem Zustand, die man besichtigen kann. Sie sollten damals die Menschen vor atomaren, biologischen und chemischen Gefahren schützen. Georg Seiberlich hat gemeinsam mit anderen vor 13 Jahren einen Verein gegründet. Sie kümmern sich um die Instandhaltung einiger Bunker in Mannheim, organisieren Führungen und setzen sich für den Denkmalschutz ein.

Historische Bauwerke sollten nicht abgerissen werden, man muss sie nur pflegen.

Die Liebe zu alten Gebäuden verfolgt Seiberlich seit der Kindheit. Sein Vater war als Architekt nach dem Zweiten Weltkrieg am Wiederaufbau der Stadt beteiligt. Er selbst ist unmittelbar neben einem Bunker in Mannheim-Lindenhof aufgewachsen.

Wenn man ihm durch die schweren Metalltüren unter dem Stadthaus in den Atomschutzbunker folgt, wird einem mulmig zumute. Die meisten Betten in dem rund 1.000 Quadratmeter großen Raum sind mit Ketten an der Decke befestigt. Auf dem Boden befinden sich Parkplatzmarkierungen. Zuletzt wurde der Bunker als Tiefgarage genutzt, erklärt Seiberlich.

Atomschutzbunker entstand im Kalten Krieg

Gebaut wurde der Bunker während des Kalten Krieges zwischen 1964 und 1967. Mannheim wäre mit der Nähe zum Ludwigshafener Chemiekonzern BASF und dem Hafen ein realistisches Angriffsziel gewesen, so Seiberlich. Insgesamt hätten unter dem Stadthaus N1 rund 1.600 Personen zehn Tage lang überleben können.

In einem Drei-Schichten-System hätten die Menschen geschlafen, in den Gängen gestanden oder ringsherum auf Klappstühlen ausgeharrt. Knapp 30 Toiletten waren für Frauen, 14 für Männer vorgesehen. Zu sehen gibt es zahlreiche Rollen Klopapier, jedes Blatt bedruckt mit der Aufschrift "Stadt Mannheim".

Ein Tisch im Atomschutzbunker Mannheim; darauf Klopapier und Essenskonserven
Raritäten im Bunker-Museum: Einiges war schon dort, anderes hat der Verein organisiert.

Dieselmotoren hätten die Stromversorgung gewährleistet, ein etwa 80 Meter tiefer Brunnen die Wasserversorgung und ein Lüftungssystem die Versorgung mit Frischluft. Auch über Unterhaltung hatte man sich Gedanken gemacht, so Seiberlich. Dabei zeigt er Schallplatten der Sänger Heintje und Heino.

Schalplatten aus dem Atomschutzbunker unter dem Stadthaus N1 in Mannheim
Auch für Unterhaltung im Bunker wurde gesorgt.

Krieg in der Ukraine verändert Situation

Der russische Angriff auf die Ukraine hat das Thema Krieg wieder stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt und auch die Debatte über Bunker in Deutschland neu entfacht. Das merkt auch Seiberlich bei seinen Führungen. Oft komme die Frage: "Was wäre, wenn ...?".

Eine zentrale Aufgabe seiner Arbeit sieht der Frührentner deshalb auch darin, vor allem jüngeren Menschen deutlich zu machen, was Krieg eigentlich bedeutet. Jede Führung endet deshalb auch mit der Frage: Was kann jeder von uns tun, damit wir einen Bunker wie diesen niemals benötigen?

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