Debatte um Migrationspolitik

Asylverfahren außerhalb der EU: Kretschmann lobt Bund-Länder-Beschlüsse

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Johannes Böhler

BW-Ministerpräsident Kretschmann hat in der Migrationspolitik erneut eine CDU-Forderung unterstützt. Der Grüne rechtfertigt die Entscheidung als Kompromiss unter Demokraten.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) unterstützt den Vorstoß des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU), Asylverfahren künftig außerhalb der EU abzuwickeln. Am Montag in Berlin hatte sich Kretschmann gemeinsam mit den Länderregierungschefs von CDU und CSU hinter den Vorschlag gestellt.

Kretschmann lobt Schulterschluss der Demokraten

Am Dienstag sagte Kretschmann, die Ministerpräsidentenkonferenz am Montag in Berlin sei eine der schwierigsten in seiner Regierungszeit gewesen. "Aber das ist ist auch nicht verwunderlich, denn das Migrationsproblem ist eines der ganz großen Probleme", so Kretschmann. Sein Ziel sei es gewesen, einen Schulterschluss der Demokraten für Humanität und Ordnung zu erreichen - und dieser sei auch gelungen, so Kretschmann weiter.

Vor Beginn der Bund-Länder-Runde hatte es bei den Beratungen der Ministerpräsidenten und -präsidentinnen Streit gegeben, weil sich die SPD-Seite von den Forderungen überrumpelt fühlte. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) etwa hatte das Ansinnen, entsprechende Abkommen mit nordafrikanischen Staaten abzuschließen, bereits im Vorfeld abgelehnt. Die Bundesregierung will nun prüfen, "ob die Feststellung des Schutzstatus von Geflüchteten unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukünftig auch in Transit- oder Drittstaaten erfolgen kann".

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Kretschmann zu Asylverfahren: "Bin da skeptisch"

"Ich bin da skeptisch", sagte Kretschmann, das Thema sei sehr komplex. Doch der Migrationsdruck werde nicht nachlassen. "Das Mittelmeer ist das größte Massengrab des 21. Jahrhunderts", so Kretschmann. "Da muss man doch alle Versuche machen, um das zu beenden." Der Vorschlag seines Ministerpräsidentenkollegen Wüst aus NRW werde nun geprüft. Die Aufregung darüber könne er überhaupt nicht verstehen - schließlich stehe das bereits als Ausnahmeregelung im Koalitionsvertrag. "In solch einer schwierigen Situation sollte man nicht Ideen, die andere haben, von vornherein ausschließen - sonst kann man nicht zusammen kommen", mahnte der Ministerpräsident. Seiner Ansicht nach sei ein guter Kompromiss gefunden worden.

Auf die Frage, ob er sich angesichts seines gemeinsamen Vorstoßes mit den Länderregierungschefs von CDU und CSU der Unterstützung seiner Landespartei noch sicher sei, antwortete Kretschmann: "Ich bin Gast in der B-Koordination (Zusammenschluss der CDU/CSU-geführten Bundesländer, Anmerkung der Redaktion). (...) Als ich noch mit den Sozialdemokraten regiert habe, war ich Gast in der A-Koordination (Zusammenschluss der SPD-geführten Bundesländer, Anmerkung der Redaktion). Ich könnte natürlich auch sagen: Das mach' ich alles nicht. Dann hock' ich allein da und warte, was die A- und B-Seite mir so vorträgt - das wäre ja wohl nicht der richtige Weg." Darum "committe" er sich zuerst mit den Kollegen von CDU und CSU in der B-Koordination und anschließend mit den anderen, so der Ministerpräsident.

Grüne Jugend sieht "migrationspolitischen Rechtsruck"

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel fordert eine schnelle Umsetzung der Beschlüsse. Es gehe darum, den Zuzug spürbar zu begrenzen, deshalb müsse man vom Analysieren ins Tun kommen, sagte Hagel dem SWR. Der AfD gehen die Beschlüsse nicht weit genug, die Fraktionschefs von SPD und FDP, Andreas Stoch und Hans-Ulrich Rülke, sehen dagegen konkrete Ansätze, um die irreguläre Migration zu begrenzen.

Ganz anders als der Ministerpräsident beurteilt die Grüne Jugend Baden-Württemberg die Beschlüsse. Diese reihten sich "in den migrationspolitischen Rechtsruck der letzten Wochen ein", teilten die Landesvorsitzenden der Grünen Jugend, Elly Reich und Anne Mann, mit. Der Vorstoß der Unionsländer und insbesondere Kretschmanns sei "katastrophal und gefährlich". "Wir haben starke Zweifel daran, dass eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten praktisch umsetzbar oder rechtskonform ist", sagten Reich und Mann.

Flüchtlingsrat: "Absolut realitätsfern"

Scharfe Kritik am Plan, Asylverfahren auch in Drittstaaten durchführen zu lassen, äußerte auch der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Die Politikerinnen und Politiker hätten "jeglichen moralischen Kompass verloren". "Es ist absolut realitätsfern, dass solche Deals wirksam und vor allem menschenrechtskonform umgesetzt werden", teilte der Flüchtlingsrat mit.

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Bereits seit Monaten plädiert Kretschmann für eine strengere Migrationspolitik. Zuletzt hatte er sich etwa für die Ablösung von Barleistungen für Flüchtlinge durch eine Guthabenkarte ausgesprochen. Erfreut darüber zeigte sich die CDU, von der der Vorschlag gekommen war und die in den Bargeldzahlungen an Asylbewerber und Asylbewerberinnen "falsche Anreize" für Migration sieht. Mit der Bezahlkarte soll demnach verhindert werden, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber die ihnen zustehenden Sozialleistungen zweckentfremden, indem sie das ihnen ausgezahlte Bargeld zum Beispiel in ihr Heimatland schicken.

Während Kretschmann für seinen migrationspolitischen Kurs im baden-württembergischen Landtag über Fraktionsgrenzen hinweg deutliche Zustimmung bekam, erntete der Ministerpräsident aus seiner eigenen Partei teils heftige Kritik. Bereits beim Landesparteitag der Grünen Mitte Oktober in Weingarten (Kreis Ravensburg) hatte Elly Reich, die Co-Landessprecherin der Grünen Jugend, Kretschmann unter anderem vorgeworfen, in der Migrationspolitik rechte Narrative zu übernehmen.

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