Nach der scharfen Kritik an den Aussagen von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zum sogenannten Asylkompromiss erhält der Regierungschef Rückendeckung aus der eigenen Partei. "Der Kompromiss ist ein Anfang, damit wir in Europa endlich zu einer gemeinsamen und vereinheitlichten Asylpolitik kommen", sagte Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) am Freitag in Stuttgart.
Lucha: Humanität bedeutet auch, nicht unnötig Hoffnung zu machen
Werde von Humanität gesprochen, sei es wichtig, dass gut integrierte Menschen nicht nach Monaten oder gar Jahren abgeschoben würden. Man dürfe aber auch nicht jenen Hoffnung machen, die am Ende keine Chance auf ein Bleiberecht hätten, sagte Lucha der Deutschen Presse-Agentur.
Auch Justizministerin Marion Gentges (CDU) lobte, es sei gelungen, erste Schritte in Richtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zu gehen. "Gerade aus deutscher Sicht wäre es töricht, eine europäische Lösung aufs Spiel zu setzen", sagte sie und fügte an: "Wer hier zu keinen Kompromissen bereit ist, erweist der Migrationspolitik in Europa einen Bärendienst und macht die Aussicht auf ein europäisches Asylsystem auf weitere Jahre zunichte."
Kretschmann: Irreguläre Migration muss eingedämmt werden
Kretschmann hatte am Mittwochabend unter anderem gesagt, die Arbeitsmigration müsse legalisiert, aber irreguläre Migration auch eingedämmt werden. Angesprochen auf die Kritik, dass die Migranten an den EU-Außengrenzen wie in Gefängnissen leben sollen, entgegnete er in der ZDF-Sendung "Markus Lanz": "Man kann sowas natürlich immer mit solchen Verbalinjurien belegen." Es sei aber keine Haft, sagte Kretschmann. "Die Leute können ja zurück. Das ist doch keine Haft."
Der Flüchtlingsrat und die Grüne Jugend hatten die Äußerungen des Regierungschefs scharf kritisiert. Der Flüchtlingsrat hatte sie als "menschenverachtend bezeichnet. Kretschmanns Aussagen schürten "rechtsextreme Szenarien der Überfremdung", so der Flüchtlingsrat am Donnerstagmorgen in einer Reaktion auf die Sendung.
Lucha hingegen sagte, durch den Kompromiss könne die dringend benötigte legale Arbeitsmigration besser und schneller umgesetzt werden. "Das gelingt nur, wenn im selben Atemzug irreguläre Zuwanderung begrenzt wird", so Lucha.
Migration: EU plant schärferer Regelung für Asylsuchende
Die EU-Innenminister hatten vergangene Woche Pläne für eine Asylreform beschlossen. Vorgesehen ist unter anderem ein härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Einrichtungen kommen - auch Familien mit kleinen Kindern. Dort soll dann innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob die Antragsteller Chancen auf Asyl haben. Wenn nicht, sollen sie umgehend zurückgeschickt werden.
Das EU-Parlament dürfte noch Änderungen an den Plänen durchsetzen. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht und wird in den kommenden Monaten mit Vertretern der EU-Staaten darüber verhandeln.